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Brief vom 11. Januar 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


560.


[097]
Versaille den 11. Januari 1705.
… Ich habe hir die ursache noch nicht erfahren, warumb Trarbach sich wider hoffen so baldt ergeben hatt[1]. Meines vettern glück hatt es so gewolt; alles hatt seine zeit, unßer König wirdt seine zeit auch woll widerfinden, glücklich zu sein. Das muß dem Keyßer woll gefahlen haben, daß unßere römische Königin[2] bey I. K. M. geblieben, wie sie so gar kranck waren, undt deßwegen ihrem König nicht entgegen gezogen ist undt so große sorg vor I. K. M. gehabt hatt. Ich kene den printz Ugene[3] noch mehr alß den printz Louis[4]; printz Louis hatt die naß zu lang undt printz Ugene zu kurtz; die zwey nahe vettern gleichen einander gar nicht, ob sie zwar geschwisterkindt. Printz Ugene hatt vivacitet genung, wenn er will; er hatte zimblich inclination vor den geistlichen standt; hette ihm unßer König eine abtey geben oder nur eine pension von 2000 thaller, so were er geistlich worden undt hir geblieben… Es ist nicht zu beschreiben, wie devot unßer duc de Bourgogne; er kan sich nicht resolviren, zu einig divertissement zu gehen; es ist keine hypocrisie bey I. L., er ist recht von hertzen devot, aber von melancolischer natur, denn er revirt allezeit. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 11. Januar 1705 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 97
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0560.html
Änderungsstand:
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