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Brief vom 7. Juni 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


575.


[108]
Versaille den 7. Juni 1705.
… Im reden thut man mir auch gefahlen auff frantzösch, wenn man nur Madame sagt, denn seyder ich sehe, daß der König nicht will, daß man die duchesse de Bourgogne undt duc de Bery l’Altesse Royale gibt, mag ich es auch nicht mehr haben. Im gartten sagt man nie geht nicht mitt mir, aber wenn man zum König kompt, helt er still, geht nicht weitter, undt wenn er zwey wort gesprochen, macht er ein abschiedtreverentz, dan muß man ja woll fort, denn wenn er einen leyden will, sagt er, man solle mitt spatziren, sonsten darff mans nicht thun … Was ahnlangt, daß sie förchten, ich mögte E. L. schreiben was man sagt, so kostet es ja nur das wort schreibts nicht, denn der König kan nicht sagen, daß ich jemahlen waß gegen sein verbott gethan, undt werde es auch nie thun. Das ist es aber nicht, es ist, umb denen zu gefahlen, so mich nicht leyden können, da [109] sitzt der haaß im pfeffer, wie unßer gutter ehrlicher graff von Wittgenstein alß pflegt zu sagen. Ich versichere E. L., daß meine einsambkeit mir gar nicht verdrießlich ist … Der König in Preussen will, daß seine seelige Königin auff ihrem todtbett solle wahr gesagt haben, daß man eine große ceremonie machen würde zu ihrem begräbnuß. Ich bin der freüllen Pelnitz[1] meinung undt gar nicht gern, wo man die ahm öffteren gesehen, so man verlohren undt lieb gehabt hatt. Ich hoffe, daß E. L. noch freüden ahn dem lieben cronprintzen, Dero enckel, erleben werden. Das höre ich ungern, wenn man in Teütschlandt nicht mehr auff die angen[2] sieht, sondern nur auffs gelt; man wirdts doch endtlich gerewen, denn es setzt kein gutt geblüdt, undt das hatten unßere Teütschen über andere nationen, daß sie von gutten heüßern undt einen puren adel hatten; es ist eine rechte schandt, daß man das abkommen lest … Muß E. L. nun ein dialogue verzehlen zwischen milord Marlbouroug undt dem marechal de Villar. Man sagt, mylord Marlbouroug hette dem marechal entbotten, er komme mitt hunderttaußendt mann zu ihm, so hatt Villar geantwort, er wolle ihn mitt 30 taußendt erwartten; so hatt der ander gesagt, er hette dießelbe armée, so vorm jahr zu Hochstätt triomphirt hette, undt hoffe wider so zu thun. So hatt Villar geantwort, vorm jahr were er nicht dabey geweßen, allein vor 2 jahren hette er eine schlagt zu Hochstätt gewohnen undt diß were noch dießelbe armée, so er bey sich hette, könte also nichts förchten. So lange es nur in parlementiren hergeht, geht es woll hin, davon leüfft kein bludt; waß es weitter geben wirdt, soll die zeit lehren … Der Churfürst von Braunsweig[3] ist woll zu loben, seinen hauß undt hoff auff einen so schönen fuß gestelt zu haben, welches man bey wenig große herrn finden kan. Ich erinere mich noch woll, wie man umb pfingsten die schloßkirch zu Hannover mitt mayen undt blumen zirdt undt wurde ich braff gefiltzt offt, daß ich nicht laßen konte, mitt den fingerhudtsblumen in wehrender predigt zu klacken …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 7. Juni 1705 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 108–109
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0575.html
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