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Brief vom 27. Februar 1706

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


596.


[128]
Versaille Sambstag den 27. Febr. umb 7 abendts 1706.
… Wir haben seyder vergangen Dinstag die trawer vor die verwitibte Königin[1] in Englandt, so in Portugal gestorben, ahngelegt, aber der König hatt mich dispensirt, meine liverey in trawer kleyden zu laßen undt schwartze kutschen zu haben. Deß bin ich recht fro, vor meine person gehe ich nicht ungern in trawer, denn es ist leichter, alß die andere kleyder; ich habe genung ahn meinen dicken bauch undt hintern met verlöff zu tragen, ohne noch mitt schwehren stoffen beladen zu werden … Churbayren hatt ein bastard von der gräffin von Arco[2] zu Paris, soll gar artig sein, ich habe [129] ihn aber noch nicht gesehen; man heist ihn le chevalier de Baviere; das solte nicht sein, deücht mich. Mons. de l’Hospital[3] solte mons. Leibenitz raht gefolgt haben, so were er noch bey leben, aber wenn die zeit zu sterben kompt, hilfft kein raht. Mich verlangt zu vernehmen, ob herr Leibenitz zufrieden von meines sohns schrifft sein wirdt, so ich E. L. geschickt habe undt er mitt eygener handt geschrieben.
Es ist woll wahr, daß hertzog Jorg Wilhelm s[eelig] sein hauß greülich verkleckt hatt auff alle weiß. In Engellandt ist es die mode nicht, nach gutten alliancen zu trachten, aber in Teütschlandt war es der brauch, wo es gar übel stehet. Ich wuste nicht, daß der König Jacob auch seine metres geheüraht; ich meinte, der heüraht were gleich geschehen ohne daß er vorher bey ihr gelegen were[4]. Aber hertzog Jorg Wilhelm hatt die seine[5] lenger alß 10 jahr unverheüraht gehalten undt die tochter[6] ist in der zeit gebohren, zu I. L. des Churfürsten von Braunsweig unglück. Mein sohn wirdt stoltz werden, wenn ich ihm sagen werde, daß E. L. seiner opinion sein undt die unité nur in Gott finden, von der seel weiß ich nichts zu sagen, ich begreiffe es nicht. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 27. Februar 1706 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 128–129
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0596.html
Änderungsstand:
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