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Brief vom 24. Juni 1706

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


606.


[136]
Marly den 24. Juni 1706.
… Ich habe eine große freüde, so mich aber doch in gar große sorgen setzen wirdt, denn mein sohn geht nach Ittallien, dort alß generalissimus zu commandiren, undt mons. le duc de Vendosme[1] wirdt in Flandern [gehen]. Der marechal de Villeroy hatt ahn den König geschrieben, daß, weillen er woll verspürt, daß er der unglückseeligste mensch von der welt seye, wolle er des Königs troupen nicht mehr zu seinem unglück exponiren, bätte derowegen unterthänigst, daß ihm I. M. erlauben mögen, die armée zu quittiren undt herzukommen; also ist dieße verenderung gemacht worden. Meines sohns freüde kan ich E. L. nicht außsprechen, er helt sich stracker undt scheindt drey finger hoher alß zuvor. Heütte über 8 tagen wirdt er weg. Ich hette lieber gewünscht, daß er in Flandern commandiren mögte, denn er kendt das landt undt es ist näher, hette den winter wider kommen können, so nicht in Ittallien geschehen kan, denn da müßen sie winter undt sommer bleiben, undt die lufft ist den Frantzoßen sehr ungesundt; ahn die flanderische lufft ist mein sohn schon gantz gewondt geweßen. Villar wirdt unter meinem sohn commandiren, undt der marechal de Marsin[2] wirdt in Teütschlandt commandiren. So lang alß man lebt, sicht man woll viel verenderungen. Gantz Paris, so meinen sohn sehr liebt, bezeügt eine große freüde; die freüde aber wirdt mir manch hertzklopffen geben undt wirdt mich woll hertzlich nach dem frieden verlangen machen. … Daß Barcelonne entsetzt, ist nur gar zu wahr, aber nicht, daß der admiral 6 schiff verlohren, noch daß Monseigneur[3] geweint hatt; die das sagen, kennen I. L. nicht. Mylord Galoé[4] ist auch nicht so nahe bey Madrit, alß I. L. meinen. Gantz Castillien ist noch vor unßern König in Spanien, undt I. M. seindt nebenst Dero gemahlin zu Madrit, wo sie gar woll entpfangen sein worden. … E. L. werden ohne zweyffel jetzt den König in Preussen sambt Dero Enckel, dem cronprintz, bey sich haben. Des graff von Warttenbergs famille würde nicht complet seyn, wenn mylord Raby[5] nicht dabey were. Wir haben das schönste wetter von der weldt hir, ich mache mirs sehr zu nutz; wenns E. L. so zu Hannover haben, werden sie dem König in Preussen mitt lust Dero schönnen gartten weißen können. Mich deücht, vor einen eintzigen sohn heüraht man den cronprintz spädt, denn man hort noch nichts davon. [137] Man hette die ceremonie vom ordre von hoßenbandt sparen sollen biß auff des Königs in Preussen ahnkunfft, weillen doch ceremonien I. M. bester regal sein undt sie sie so sehr lieben … Wenn unßer König meinem raht folgen wolte, würden die armen reformirten, so in den galleren sein, baldt loß gelaßen werden, undt sagte letztmahl zu meinem sohn, daß ich persuadirt, daß, wenn der König die liberté de conscience wider einrichten solten, daß alle Frantzosen wider kommen würden mitt hab undt gutt; das kompt eben darauff auß, was E. L. von ihnen verzehlen …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 24. Juni 1706 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 136–137
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0606.html
Änderungsstand:
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