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Brief vom 24. März 1707

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


630.


[156]
Versaille den 24. Mertz 1707.
… Es were ein groß unglück vor E. L. enckel, die cronprintzes, wenn der König in Preussen gestorben were. Ich glaube, daß das boße wetter ahn seinen stickfluß schultig ist, soll einen kurtzen halß haben; der printzes schrecken muß groß gewest sein.
Man sagt in frantzoschen sprichworten: mangeant l’apetit vient, der Czaar wirdt sich vielleicht so woll in Pollen befinden, daß er diß Königreich wirdt behalten wollen. …
Ich muß E. L. noch des Langalerie[1] avanture verzehlen. Er hatt sich nach Venedig salvirt; der fürst von Anhalt, der seine grenadiers so lieb [157] hatt undt des apoteckers tochter geheüraht[2], sprach gar übel von unßerm König; Langalerie sagte zum fürsten, er bitte ihn, auffzuhören, denn er könte nicht leyden, daß man übel von seinem König spräche; der fürst von Anhalt sagte, wenn es ihn verdröße, wolle er ihm contentement geben undt sich mitt ihm schlagen, welches Langallerie gleich acceptirt undt hatt den fürsten umbracht[3]. Seine fraw mutter jamert mich, denn es wirdt sie doch schmertzen, ob zwar nicht viel besunders ahn ihm war. …
Meines sohns abreise ist um 8 tage auffgeschoben; ahnstatt zu weinen werde ich in eine neüe comedie gehen: Atrée[4]. Ehgestern haben wir zwey neüe komische stück gehabt: César des Ursins[5] undt Crispin, rival de son maitre[6]; das erste, aus dem spanischen übersetzt, hat beßer ahm hoff, das ander zu Paris gefahlen; die warheit zu sagen, sind beide nicht viel werth …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 24. März 1707 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 156–157
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0630.html
Änderungsstand:
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