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Brief vom 22. Mai 1707

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


633.


[159]
Marly den 22. May 1707.
Ich that starcke exercitzien, welches mir allezeit woll bekompt, undt man jagt ahn dem schönsten ort von der welt, denn der thiergartten hir ist wie ein rechter schönner gartten; es seindt mehr alß 10 oder 12 alléen, die wie ein recht gewölb sein, undt stern drinen von 6 oder 8 alléen. Alle hecken, so nun in voller blüht sein, parfumiren die gantze lufft undt die nachtigallen undt andere vögel singen so schön, daß man sichs in dem ort woll getrösten kan … Ich weiß nicht, was man princes Elisabeth hatt zu Bamberg in ihrer abjuration[1] leßen machen; mir ließ[2] man nur etwaß vor, [160] wozu ich ja oder nein sagen muste, welches ich auch recht nach meinem sinn gethan undt ein par mahl nein gesagt, wo man wolte, daß ich ja sagen solte, es ging aber doch durch, muste in mich selber drüber lachen. Gegen der eltern verdammung habe ich so hoch protestirt, daß nichts davon bey mir ist gesprochen worden. Ich hörte genaw zu undt andtwortte gantz nach meinem sinn; das hatt aber princes Elisabeth nicht thun können, weillen sie leßen muste. Ohne hertzklopffen können solche spectaclen nicht vorgehen. Die Königin Christine[3] war effrontirt, drumb kam ihr dießes wie eine farce vor …
Ich kene geistliche hir, so des herrn Leibniz meinung sein undt glauben, daß der thier seel in die ander welt geht. Das wolte ich, denn es solte mir nicht übel gefahlen, alle meine hündtger wider zu finden in jener welt; wenn ich das glauben könte, würde mich ihr todt weniger schmertzen …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 22. Mai 1707 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 159–160
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0633.html
Änderungsstand:
Tintenfass