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Brief vom 8. Dezember 1707

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


647.


[170]
Versaille den 8. December 1707.
… Man würde heßliche leütte sehen, wenn die peruquen solten verbotten werden. Unßer junger König in Engellandt[1] hatt woll bon sens undt vernunfft, aber gar keine vivacitet; er ist woll erzogen, über die maßen höfflich, aber allezeit reveux undt trawerig undt ungesundt, allezeit fehlt etwaß. Er lacht aber selber über seine reverien undt distractionen undt wirdt gar nicht böß, wenn man drüber lacht; er ist von gar gutt naturel, hatt einen großen respect undt liebe zu der Königin, seiner fraw mutter[2], undt eine recht tendre liebe zu seiner fr. schwester[3], die doch von gantz andern humor ist, alß er … E. L. haben woll just von dem goltmacher[4] judicirt; mich wundert, daß der König in Preussen E. L. nicht geglaubt hatt.
Der hertzog von Wirttenberg[5] ist doller alß nie; seine schwigerfrawmutter, die margraffin von Durlach, ist zu ihm kommen, umb vor ihre fraw dochter[6] zu sprechen, so hatt er mutter undt dochter ins flach felt gesetzt undt ist wider nach hauß gefahren. Das sein ja unhoffliche undt impertinente maniren. Er hatt einen pfarher hollen laßen mitt acht von seiner leibguard, die haben den pfarer zwingen müßen mitt einer pistol auffs hertz[7], den hertzog mitt seiner metres zusammen zu geben[8]. Waß ich hirin wunderlich [171] finde, ist, daß ein herr gewißenloß genung ist, eine tugendtsame gemahlin zu verachten undt beschimpffen, gewalt gegen einen prister zu gebrauchen, undt doch geheüraht sein will. Es muß ein doll thier sein; ich finde aber, daß der Keyßer übel thut, zu so einer gar ungerechten sach zu helffen. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. Dezember 1707 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 170–171
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0647.html
Änderungsstand:
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