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Brief vom 13. Mai 1708

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


657.


[179]
Versaille den 13. May 1708.
… Der König hatt vergangenen Freytag einen großen verlust gethan, denn er hatt einen gutten ehrlichen undt wackern mann verlohren, den controleur general des batiments, mons. Mansart[1]. Donnerstag war er noch bey der promenade, die der englische hoff thate, undt ging alß neben mir biß umb halb 8, bat er umb urlaub, nach hauß zu gehen; der hunger hatt ihn getrieben. Wie er nach hauß kam, trunck er viel eyßwaßer, aß erschrecklich drauff undt allerhandt zeüg, einen pfanenkuchen mitt schincken, erbsen, erdtberen, milchram, cuncumersalat[2], drunck wider eyß, gab sich also eine indigestion. Nachts umb 2 nach mitternacht bekamme er ein abscheülich grimen, ließ die dockter hollen; die wusten nicht, waß er gefreßen hatte, meinten, seine colique were vom grieß, ließen ihn 2 mahl starck zu ader. Abendts umb 6 war er todt. Wie man ihn geöffnet, hatt man den kalten brandt im untern leib gefunden, da alles verfault ist, weillen nichts herauß gekönt hatt, denn durch die starcke aderläß hatt man dem armen mann gleich alle kräffte benohmen. Der König verliert viel ahn dießem mann, denn er verstundt sein sach auff ein endt …
Wenn ichs sagen darff, so gefiehl mir der cronprintz daußendtmahl beßer, alß der Churprintz, denn les airs de franc marquis kan ich gar nicht leyden, das stehet gar nicht fürstlich; aber es ist nicht schwer zu rahten, wo er das her hatt, undt wie man im teütschen sprichwort sagt: Es ist ihm nicht ahngeworffen, es ist ihm ahngebohren. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 13. Mai 1708 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 179
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0657.html
Änderungsstand:
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