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Brief vom 27. Juni 1708

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


661.


[181]
Fontainebleau den 27. Juni 1708.
… So lang ich keine geister sehe, ist mir nicht bang, aber ich gestehe, daß, wenn ich waß sehen solte, würde ich mein leben nicht allein sein. Ich erinere mich doch, daß, wie die zeittung kam, daß der bischoff von Osnabruck gestorben[1], spilte man eben die commedie vom dockter Faust[2] undt jederman rieff, daß der teüffel den bischoff mitt dem dockter geholt hette. Das könte ich nicht vertragen.
Ich weiß nicht, unter welchem nahmen die historie vom Königsmarck in der Octavia ist[3], habe es also nicht in acht nehmen können; ich bitte, [182] E. L. thun mir die gnadt undt sagen mir die nahmen unter welchen dieße historie in der Octavia verborgen ist … Die threnen sindt mir in die augen kommen, daß E. L. mich bey sich wünschen; ich dieselbe so hertzlich gern auffwarten mögte undt es doch unmöglich geschehen kan. Ich admirire offt, wie man zu unßers herrn Christi zeitten so gar wenig curieus geweßen; daß man unßern herrn Christum nicht viel questionirt hatt, ist gar recht, das gab der respect nicht zu, aber den Latzerus[4], dem man kein respect schuldig war, den hette man braff von jener weldt examiniren sollen. Were mein bruder vom todt erstanden, ich würde ihn gewiß nicht ungefragt gelaßen haben, undt dießes nur in der intention, Gott dem allmächtigen beßer dinen zu können. Aber hirmitt geht der schlaff, ich muß ein klein nickerlein thun. – Nun bin ich wider wacker undt werde nicht mehr schlaffen, es hatt kein halb stündtgen gewehrt; es hatt mich gedurst, ich habe ein gutt trunck bier auff E. L. gesundtheit gethan. …
Die kinder sein possirlich, wenn sie nicht reden können undt sprachen erdencken; die rechte sprach kompt zu seiner zeit, wie es sein soll. Kinder, wenn man sie liebt, wie E. L. thun, amusiren sehr. Zu Hannover hatte ich auch hunde, so mich zogen; oncle hatte sie mir auß Niederlandt bracht[5]; einer hieß Türq, der ander Soliman. Wie die stürben, gab man mir vor mein postwagelgen ein pferdt, undt der stalknecht hieß Friderich; da that ich zu Iburg hernach manchen rondt mitt ins Freüdenthal, wo alle fenster gemahlt waren. Hirauß sehen E. L., daß ich mich der alten zeitten noch gar woll erinere. Mad. Trelon[6] machte mich ein schwartz sammette mütz wie ein casque mitt blau undt weißen federn tragen, undt wenn ich nach hauß kam undt die mütz abthat, steckte man mir weiße federn auff dem kopff. Dieß seindt auch gar wichtige sachen vor mons. de Torcy, umb sie in den raht zu bringen … Das ist doch löblich ahn König Augustus, so woll mitt seiner gemahlin zu leben. Wie man mir von meines vettern, des landtgraffen[7], cascade gesprochen, so soll sie auff viel millionen kommen, undt die können sich nirgendt ohne incommoditet außgeben laßen. Saxsen muß ein gutt landt sein, sich sobaldt wider erhollen zu können, 100 000 thaler in Teütschlandt, wo alles wollfeil ist undt wo keine chargen gekaufft werden, ist mehr alß hir 3 mahl so viel …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 27. Juni 1708 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 181–182
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0661.html
Änderungsstand:
Tintenfass