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Brief vom 21. Februar 1709

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


683.


[202]
Versaille den 21. Februari 1709.
… Vorgestern kam ein denischer raht zu mir, so erst kürtzlich ahnkommen; ich fragte ihn, wie sich sein König[1] in Ittallien divertirte; er sagte: nicht so woll, alß ers gehofft hette. Ich fragte weitter, was doch das vor ein geschrey were, das man in gantz Teütschlandt sagte, daß der König von Denemarck die Königin[2] abschaffen wolte undt eine andere nehmen? Er lachte undt sagte, er wüste woll, daß das geschrey ginge, man mache aber mehr wercks von der sach, alß in der that were, daß es zwar leyder wahr were, daß eine uneinigkeit zwischen dem König undt Königin ursach ahn der ittallienischen reiße were, allein daß der König nie gedacht, sich von der Königin zu scheyden undt noch weniger einen andern heürath zu thun; aber daß die uneinigkeit so kommen were, daß der König resolvirt gehabt hette, dießen winter ein carnaval undt operaen zu haben, sich zu divertiren, die pfarer aber hetten der Königin persuadirt, daß, wenn sie dießes leyden würde, [203] würde der König sie undt sich verdammen undt er würde ein leben führen wie König Augustus[3], hette sich also dem König absolute widersetzt undt die pfarhern offendtlich dagegen predigen laßen. Das hette den König verdroßen, der hette gesagt: weillen die Königin nicht will, daß ich mich bey ihr divertiren soll, so will ich mich so weit von ihr divertiren gehen, daß sie mich nicht drumb plagen wirdt; hette darauff die venetianische reiße resolvirt undt ins werck gestelt. Dieße historie scheindt so natürlich, daß ich glaube, daß es wahr ist. …
Heütte morgen habe ich ein brieff von Heydelberg von Louise[4] bekommen, die schreibt auch mons Galli[5] todt undt beklagt ihn sehr. Ist seine fraw nicht hofffreüllen geweßen undt eine Gelen[6] von geschlecht undt dießelbe, so so vorwitzig war, zu wißen, wie die mannsleütte beschaffen undt ihnen, sie kente sie oder nicht, die handt in schlitz steckte? Der gutte mons. Galli muß woll ein einfaltiger mensch gewest sein, ein solches weib zu nehmen. Es scheindt woll, daß man sein verhengnuß nicht entgehen kan; wer zum hannerey predestinirt ist, muß es werden. Graff Platten war es respectirlicher, alß dießer. Es ist, wie mich deücht, etwaß rares, einfaltige Ittalliener zu sehen. Weillen es seine fraw nicht meritirt, hatt er woll gethan, ihr nichts zu vermachen. Man muß hoffen, daß E. L. charitet vor sie sie bekehren wirdt …
Hir ist auch geschehen, daß wölffe den postillon von Alançon mitt seinem pferdt gefreßen haben; der große frost ist wider auffs neü ahnkommen; ich sehe durch meine fenster auff schrittschu gehen …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. Februar 1709 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 202–203
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0683.html
Änderungsstand:
Tintenfass