Brief vom 10. März 1709

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Versaille den 10. Mertz 1709.

Nun ist es gar zu arg mitt der post, denn da helt man mir noch 3 paquetten von E. L. auff. Seyder etlichen tagen habe ich erfahren, wer die post nun regirt, wundert mich also gar nicht mehr, daß meine brieff auffgehalten undt offt falsch außgelegt werden, denn die person, so mich in gantz Franckreich ahm meisten hast, hatt es unter händen. Hirauß werden E. L. leicht die allmächtige dame^[1] erkennen. Sie will gewiß dadurch erweißen, daß sie einen universallen verstandt hatt undt ebenso starck ahn bagatellen [204] dencken kan, alß staadtssachen. Aber ich will nicht sagen was ich dencke. Es ist ein teütsch sprichwordt, das sagt: Gedult überwindt buttermilch; ich gestehe aber, daß gedult zu haben, wenn man mir E. L. gnädige schreiben auffhelt, mühe kost, denn sie seindt meine eintzige lust undt vergnügen undt ich weiß undt erfahre nichts alß durch E. L. …
Dem gutten alten hertzog von Braunsweig^[2] wünsche ich langes leben. Weillen der gutte hertzog lust hatt, einen enckel auß dem Zarewitz zu machen^[3], muß er ihn nach seinem sinn erziehen laßen. Worumb solte der Czaar mehr begehren? weillen er schon so ein großer undt mächtiger herr ist, kan er ja in ruhen leben undt sich lustig machen. Ich glaube nicht, wie mir die graffin von Sintzendorff^[4] ist beschrieben worden, daß sie vor beständigkeit sterben wirdt. Aber es ist zeit, in kirch zu gehen. – Ich komme jetzt eben auß der predigt; der prediger hatt viel von allmoßen gepredigt, er sagt viel vom geben, aber nicht, wo mans hernehmen soll … Wie ich sehe, so hatt die Königin in Preussen^[5] verstandt, denn sie folgt das sprichwort: il faut battre le fer pendant qu’il est chaud; sie fengt ihr sach klug ahn, ihre favoritten zu placiren; das ginge in Franckreich nicht ahn, denn die favoritten würden sich gleich ahn den König ergeben undt ihre Königin verrahten. …