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Brief vom 18. April 1711

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


756.


[273]
Marly den 18. Aprill 1711.
… Gantz Paris undt die provintzen seindt verzweyffelt drüber[1]; es war woll ein abscheülich gifft, das dießen armen umbs leben gebracht hatt, denn man hatt mir gestern verzehlt, daß, wie er verschieden, hette man einen schwartzen rauch auß seinem mundt fahren sehen, wovon sein gantz gesicht pechschwartz geworden undt geblieben ist … Seyder gestern habe ich zwey zeittungen erfahren, so ich E. L. sagen werde; sie seindt beyde auß Spanien; eine ist böß, die andere gar gutt; die böße ist, daß unßere artige Königin auff den todt kranck geweßen, ein aderlaß ahm fuß hatt I. M. salvirt; die gutte ist, daß, nachdem man die feindtliche flotte, so von Lisbonne kommen undt in die mediterannéische see gesegelt ist, gesehen, die indianische flotte ahnkommen ist undt bringt vor 4 millionen piasters. Der König in Spanien hatt auch noch sein theil ahn 4 große orlogschiff, so auch mitt gelt beladen sein. Mons. de Vandosme soll zum König in Spanien gesagt haben, wie daß das gelt ahnkommen: voicy une breche pour Barcelonne. So betrübt unßer König auch ist, machte ich ihn doch ein wenig lachen gestern abendts bey dem nachteßen, wie ich zu I. M. sagte, daß ich glaubte, daß die ahnkunfft von den 4 millionen I. M. der Königin bludt beßer wirdt gekühlet undt erfrischt haben, alß die aderlaße …
Es ist mehr alß ein stein hir, so ich nicht heben kan undt liegen laßen muß; aber mons. le dauphins plötzlicher todt macht mich sehr moralisiren. Wie viel intriguen undt projet hatt man nicht gemacht auff wenn mons. le dauphin König sein solte. Mad. la duchesse soll der duchesse de Bourgogne gedrewet haben, ihr den heüraht von mein enckel, der duchesse de Bery, woll einzudrencken, nun hatt der mad. la duchesse ihre regirung ein endt undt außer daß sie abendts ins Königs cabinet geht, hatt sie nicht mehr avantage alß ich, die mich in keine caballe gemischt. Das lehrt mich mehr alß nie, unßern Herrgott walten zu laßen undt mich umb nichts zu bekümmern undt alle intriguen undt caballen zu fliehen, wie ich bißher gethan.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 18. April 1711 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 273
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0756.html
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