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Brief vom 9. März 1713

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


813.


[327]
Versaille den 9. Merz 1713.
Ich bin recht fro, auß E. L. gnädiges schreiben vom 24. Febr. zu sehen, daß E. L. den andern tag den Czaar zu Hannover haben würden[1]; das wirdt E. L. ein wenig verenderung geben undt divertiren … Ich bin fro zu sehen, daß E. L. des Königs von Preussen todt[2] nicht confirmiren, welches die minister hir vor so gar gewiß halten. Ich weiß dießem gutten König recht danck, daß er, wie I. M. zu sterben gemeint, mitt so großer tendresse ahn E. L. gedacht. I. L. die cronprintzes müßen nicht offt auff frantzösch leßen, denn sonsten würden sie beßer bustabiren undt lortograffe lernen; es seindt wenig damen in Franckreich, so die ortograffe woll wißen. Mich wundert, daß der König in Preussen nicht gleich vor schrecken gestorben ist[3], denn nichts in der welt kan mehr erschrecken, alß eine solche [328] begebenheit. Ich glaube, daß dießes unglück der armen Königin zugestoßen, weillen sie pietistisch hatt sein wollen undt daß alle opposition, so sie bekommen, ihre religion zu exerciren, ihr den kopff gethreht undt gar närisch gemacht hatt.
E. L. werden hirbey vers von abbé Reigner[4] finden, er hatt zwolff chants von des Königs leben in versen gesetzt.
Ich habe E. L. schon lengst des graff Platten[5] contrefait au naturel gemacht undt gesagt, daß er gar nichts deücht undt eine rechte bestia ist. Wie ist es moglich, daß seine fraw[6] dießen mann ein augenblick hatt lieb haben können, er ist ja brutal wie ein kutschpferdt undt hatt keine ahngenehme ader ahn sich, weder taille noch gesicht, weiß nicht zu leben, ist schir allezeit von. Wie ist es möglich, daß ein artig mensch, wie man mir die graffin Platten beschreibt, ein solch thier hatt ein augenblick lieben können?
Ich glaube, daß, wie der princesse Palatine draum[7] kam, war die devotion schon resolvirt bey I. L., aber in der catholischen religion muß alles durch miracle undt wunder zugehen, sollst glaubt man die leütte nicht. Ich bin gantz contrarie, ich habe allezeit mühe, miracle undt schwere sachen zu glauben. Auff treüme gebe ich gar nicht; mad. Trelon[8], wenn ich wolte, [329] daß sie mir einen traum außlegen solte, sagte sie alß met verlöff: songes sont mensonges, mais chiés dans vostre lit et vous le trouverés
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. März 1713 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 327–329
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0813.html
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