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Brief vom 27. Dezember 1713

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


822.


[335]
Versaille den 27. December 1713.
… Was mein portrait ahngeht, so ist es wie alle die, so man schrifftlich macht, nehmblich sehr flattirt; das von Rigeaut[1] ist gleicher. Es ist nun einmahl gottlob gantz fertig worden undt er wirdt nun ahn das vor E. L. arbeytten, es wirdt aber langsam hergehen, denn er arbeydt sehr langsam … Mein sohn ist petit fils de France, die sein über die princes du sang, haben zwar nicht so viel privilegien alß les enfants de France, aber viel mehr alß die princes du sang. Drumb ißt mein sohn ahns Königs taffel, wenn die princes du sang nicht da eßen; er hatt nie den titel de premier prince du sang führen [können], denn er ist nicht prince du sang, sondern petit fils de France, drumb führt er auch den tittel von altesse Royale, aber sein sohn ist der erste prince du sang, den heist man nicht altesse, sondern altesse serenissime; er ißt nicht mitt dem König morgendts undt abendts, nur in den großen ceremonien, wenn das gantze hauß mitt dem König speist, hatt auch keines von den privilegien, so sein herr vatter hatt, alß carosse cloise, premier escuyer, premier ausmonier etc., seine officir können noch dörffen ihn nicht vor dem König dinnen, hatt keine guarden im schloß undt hundert dergleichen unterschiedt, die mein sohn hatt. Ich muß mich verschrieben haben, denn mein sohn ist nie prince du sang geweßen … Mein standt kan nicht geendert werden; hette der König eine dochter, hieße man sie Madame, undt mich mad. duchesse d’Orleans, meins sohns gemahlin heist man mad. la duchesse d’Orleans, das la weist, daß sie nicht enfant oder fille de France ist, sondern petite fille. Man muß ahn dießem hoff gewohnt [sein], umb dießes alles recht unterscheiden zu können … Die constitution vom papst gegen pere Quenel[2] macht ein abscheülich geraß hir, alle bischoffe seindt drüber versamblet; ich weiß nichts davon, denn die zeit wirdt mir lang, wenn ich davon höre, undt was drüber decidirt wirdt werden, wirdt mir den schlaff nicht brechen. Jemandts fundt mich letztmahl, daß ich in der luneburgischen bibel laß, undt man warff mir vor, daß ich gegen den papst thet, doch in lachen; ich sagte: ich thue [336] nichts gegen die institution vom papst, er verbot die bibel vom pere Quenel undt daß man auff frantzösch die bibel nicht leßen soll, dieße, so ich leße, ist weder vom pere Quenel noch frantzösch, also gar nicht im verbott.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 27. Dezember 1713 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 335–336
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0822.html
Änderungsstand:
Tintenfass