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Brief vom 11. Februar 1714

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


827.


[338]
Versaille den 11. Februari 1714.
… Weillen die Könige in der christenheit auch serail halten wollen, so solten sie aparte palais vor die disgraciirten sultaninen haben, so hetten sie keine ambaras, weillen sie (ich will sagen die gräffin Cossel[1]) ihre ehre umb interesse verkaufft, ist es ja billig, daß sie es so hoch bringt, alß sie kan. Ich habe nie gewust, daß sie ahm wolffenbüttelschen hoff geweßen war. Es ist eine wunderliche sach, daß die galante damen meinen, ihre ehre seye salvirt, wenn man ihnen einen heürahtscontract gibt; mons. le dauphin gab einen ahn die comtesse du Rour[2], wie mad. la dauphine undt der comte du Rour beyde noch im leben waren, daß, wenn ihr mann undt seine gemahlin sterben würde, daß sie einander heürahten wolten. Der König erfuhr es, ich weiß nicht durch wen, die dame wurde exillirt undt mons. de Seignelay[3] holte den contract, der vor dem König gebrendt [ward].
Es verdrist mich auff die printzes von Wolffenbüttel[4], daß sie nur sucht ihren gutten ehrlichen herrn vatter zu betrigen. Ich habe auch nie begreiffen können, wie der gutte herr so eine ungereimbte sach hatt glauben können wie die von dießer princes inventirt worden; er ist woll der eintzige, so es geglaubt hatt …
E. L. machen mich gantz stoltz, zu sagen, daß sie von meiner religion undt opinion, das wirdt mich sehr in beyden confirmiren undt stercken. Apropo von confirmation: man hatt mir vor zwey tagen verzehlt, wie Churcöln[5] zu Valancienne confirmirt: denen, so der bischoff confirmirt, [339] schlegt er mitt 2 finger leiße auff den backen, [denen,] die Churcöln confirmirt hatt, hatt er maulschellen geben, daß sie dort ’nauß gefahlen sein, hatt hernach gelacht undt gesagt: die werden ahn mich gedencken. Nun ist er gantz verwundert, daß sich niemandts mehr offrirt, von ihm confirmirt zu werden. Sein herr bruder Churbayren[6] ist mitt seinem gantzen serail in seinem hauß zu St. Clou, wo er braff von seiner Montigni[7], so jalous von ihm, ist geprügelt worden, daß I. L. so laut geschrien, daß man sie durch zwey cammern gehört. Dießer herr führt ein lüderliches leben; mich deücht, er ist auch nicht mehr in made la duchesse undt ihrer döchter compagnie, alle hoffleütte ziehen sich sehr von ihm ab, wirdt gar ein landtjuncker von St. Clou werden …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 11. Februar 1714 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 338–339
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0827.html
Änderungsstand:
Tintenfass