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Brief vom 18. Februar 1714

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


828.


[339]
Versaille den 18. Februari 1714.
… Ich weiß aber gar nichts alß daß man zu Paris auff die versammlung der bischoffe, nachdem man sie alle gesungen, Pasquin undt Marphorio[1] dießen discours halten macht: der letzte fangt ahn undt sagt: dis moy, Pasquin, pourquoy ces evesques sont ils assamblés en France? Pasquin andtwort: te voilà bien ambarassé, Morphorio, ne says tu pas que ce sont des escolliers des jesuistes qui composent pour avoir des bonnes places. Ich glaube, daß E. L. woll wißen, daß die schüller bey den jesuwittern ihre theme machen, umb chargen zu bekommen, einer ist Keyßer, der ander consul, der 3. preteur undt dergleichen, darauff ist dießer dialogue gemacht worden. Unßer Churfürst mein herr vatter[2] hatt keine schulden hinterlaßen undt die Pfaltz nie geprest; Woltzogen[3] kam in ungnaden, weillen er etliche unterthanen hatte pressiren wollen undt geschenck nehmen. Was die unterthanen glauben macht, daß I. L. die Churfürstin[4] viel theil ahn ihrem unglück ist, daß sie sich gar hart gegen die arme leütte erzeigt, denn wie sie nach dem brandt nach Heydelberg kame undt die arme leütte auß die keller schleichen sahe, ahnstatt mittleyden drüber zu haben, soll sie mitt lachen gesagt haben: wie viel meüße kriechen auß dieße löcher; das hatt die arme leütte hertzlich betrübt, glauben also, daß übels von dießer Churfürstin kompt. Sie sagen auch, daß sie alle jahr viel mauleßel mitt geldt beladen nach Florentz schickt, nichts desto weniger ist es auch wahr, daß der gutte Churfürst abscheülich von seinen leütten bestollen; es ist gantz unglaublich, was der Wiesser[5] gestollen hatt, man sahe es ihm woll ahn, [340] er glich einem juden wie zwey tropffen waßer undt auch daß er den schalck hinter den ohren hatt, wie man im alten teütschen sprichwort sagt …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 18. Februar 1714 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 339–340
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0828.html
Änderungsstand:
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