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A Madame de Harling à Iburg.
Heidelberg den 12. Appril 1670.
… Von unßerer verkleidung kan ich nicht viel berichten, dan wir
wißen selber noch nicht, wan es geschen wirdt, möchte aber unterdeßen woll
wünschen, daß fraw Harling des tocktor Fauste mantel hette, wan sie damit
herfahren will. Wan unßers hißigen tockter Fauste
[1] sein mantel was
helfen könte, wolte ich ihn mit den 2 hecksenjungen hinschicken, darmit sie
im wege nicht verirren; weil der eine ein Pfältzer ist, könte er den weg
desto beßer herführen, wan ihn irgendts der andere vergeßen hette. Weilen
aber ihre heckserey sich so weit nicht erstreckt, möchte ich wünschen, daß mein
hertzlieb fraw Harling zu landt baldt mit matante undt oncle möchte
herkommen. Ich förchte, wir werden oncle dißmahl nicht hir sehen, dan
Mons. Hanibal Degenfelt
[2] geschrieben hat, daß oncle vorbey gehen wirdt
und bin [ich] also wider einer hoffnung zu kurtz kommen. Wan die histori
wahr ist von Minden,
[3] so wunderts mich, daß die leute nicht gar sagen,
daß das kindt viel eher der teuffel als ein Messias ist, weil sie den kleinen
jungen, den matante an papa geschickt hat, haben wollen zum hecksenmeister
machen. Er ist bey dem schloßer undt soll das handtwerck lernen; sicht
itzunder erst recht einem kleinen schwartzen teuffel gleich. Die ander histori,
da fraw Harling von schreibt, so in Franckreich soll geschehen sein, hat
princess palatin
[4] auch vor 2 jahr hir verzehlt undt noch viel andere
mehr, die, wan ich sie erzehlen wolte, heute nicht fertig werden könte.
[Des] president[en] und Hammerstein[s] diener wart darzu auf mein briff,
will derowegen nur zur neuen zeitung sagen die geschicht, so sich vergangene
woch hir zugetragen. Einer von meinen lackeyen (fraw Harling hat ihn
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woll gesehen, er hat matante jungfer aufgewartet, wie sie letzmahl hir
geweßen), der hat sich versprochen mit eines beckers dochter undt hat sein
abschid gefordert undt hat wollen nach hauß in die Schweitz, umb seinen
geburtzbriff zu hollen. Undt den tag, als er seinen abschid bekommen, ist
er in die vorstadt zu seinem schwager, welcher ein wirt ist, gangen undt
hat mit ihm wegen seines heürahts unterreden wollen; so seindt 2
buchdrucker hinein kommen undt haben dort getruncken, seindt aber dem wirt
vom vorigen tag noch 13 kr. schuldig geweßen. Als er ihnen dieses
gefordert, haben sie ihn gescholten undt lügen geheißen, worauf sich mein
lackey seines schwagers angenohmen undt friede hat wollen machen.
Unterdeßen daß einer sich mit ihm zanckt, kompt der andere undt schneidt ihn
mit einem meßer in den halß baldt die gurgel ab. Man meint aber doch
nicht, daß er dran stirbt, und were die hochzeit schir in ein begräbnuß
verwandelt worden. Ich muß schließen, damit des presidenten diner nicht
zu lang warten muß, bitte aber doch matante von meinetwegen gehorsambst
die hände zu küßen undt alle printzen wie auch printzes dinstlich zu
grüßen; verbleibe …