Seitenbanner

Brief vom 12. April 1670

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Anna Katharina v. Harling, geb. v. Uffeln


10.


[010]

A Madame de Harling à Iburg.

Heidelberg den 12. Appril 1670.
… Von unßerer verkleidung kan ich nicht viel berichten, dan wir wißen selber noch nicht, wan es geschen wirdt, möchte aber unterdeßen woll wünschen, daß fraw Harling des tocktor Fauste mantel hette, wan sie damit herfahren will. Wan unßers hißigen tockter Fauste[1] sein mantel was helfen könte, wolte ich ihn mit den 2 hecksenjungen hinschicken, darmit sie im wege nicht verirren; weil der eine ein Pfältzer ist, könte er den weg desto beßer herführen, wan ihn irgendts der andere vergeßen hette. Weilen aber ihre heckserey sich so weit nicht erstreckt, möchte ich wünschen, daß mein hertzlieb fraw Harling zu landt baldt mit matante undt oncle möchte herkommen. Ich förchte, wir werden oncle dißmahl nicht hir sehen, dan Mons. Hanibal Degenfelt[2] geschrieben hat, daß oncle vorbey gehen wirdt und bin [ich] also wider einer hoffnung zu kurtz kommen. Wan die histori wahr ist von Minden,[3] so wunderts mich, daß die leute nicht gar sagen, daß das kindt viel eher der teuffel als ein Messias ist, weil sie den kleinen jungen, den matante an papa geschickt hat, haben wollen zum hecksenmeister machen. Er ist bey dem schloßer undt soll das handtwerck lernen; sicht itzunder erst recht einem kleinen schwartzen teuffel gleich. Die ander histori, da fraw Harling von schreibt, so in Franckreich soll geschehen sein, hat princess palatin[4] auch vor 2 jahr hir verzehlt undt noch viel andere mehr, die, wan ich sie erzehlen wolte, heute nicht fertig werden könte. [Des] president[en] und Hammerstein[s] diener wart darzu auf mein briff, will derowegen nur zur neuen zeitung sagen die geschicht, so sich vergangene woch hir zugetragen. Einer von meinen lackeyen (fraw Harling hat ihn [011] woll gesehen, er hat matante jungfer aufgewartet, wie sie letzmahl hir geweßen), der hat sich versprochen mit eines beckers dochter undt hat sein abschid gefordert undt hat wollen nach hauß in die Schweitz, umb seinen geburtzbriff zu hollen. Undt den tag, als er seinen abschid bekommen, ist er in die vorstadt zu seinem schwager, welcher ein wirt ist, gangen undt hat mit ihm wegen seines heürahts unterreden wollen; so seindt 2 buchdrucker hinein kommen undt haben dort getruncken, seindt aber dem wirt vom vorigen tag noch 13 kr. schuldig geweßen. Als er ihnen dieses gefordert, haben sie ihn gescholten undt lügen geheißen, worauf sich mein lackey seines schwagers angenohmen undt friede hat wollen machen. Unterdeßen daß einer sich mit ihm zanckt, kompt der andere undt schneidt ihn mit einem meßer in den halß baldt die gurgel ab. Man meint aber doch nicht, daß er dran stirbt, und were die hochzeit schir in ein begräbnuß verwandelt worden. Ich muß schließen, damit des presidenten diner nicht zu lang warten muß, bitte aber doch matante von meinetwegen gehorsambst die hände zu küßen undt alle printzen wie auch printzes dinstlich zu grüßen; verbleibe …
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. April 1670 von Elisabeth Charlotte an Katharina v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 10–11
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d09b0010.html
Änderungsstand:
Tintenfass