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St. Clou[d] den 27. Julli 1692.
… Die welt ist seyder ein zeit her sehr in rumor undt unruhe undt
wenig leütte seindt in ihrem standt zufrieden; aber ahns übele gewont man
sich nicht undt man meint immer, es müste anderst sein. Ich glaube, daß
es der Churfürstin von Saxsen
[1] leichter ahnkommen wirdt, eine
nebenmaistresse
[2] im ahnfang zu haben undt ehe sie den Churfürsten
[3] recht
lieb hat, alß wenn solches kommen were in einer zeit, in welcher sie hette
hoffen können, daß I. L. der Churfürst sie allein lieb gehabt hette undt
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hernach verendert were; das were hart zu verdawen. So sehr man sich
auch ahn alles gewont, so verliehrt man doch nicht die meinung, daß das
gutte gut undt das böße böß seye, undt derowegen alß wünscht [man], von
dem letzten enthoben zu sein undt das erste zu haben. Es ist aber nur gar
zu wahr, daß waß einem auch begegnen mag, ein tag nach dem andern
hingeht undt man das endt seines lebens endtlich findt, ehe man sichs ahm
wenigsten versicht. Ich versichere mein hertzlieb jungfer Uffel, daß ich sie
von hertzen gern auch noch einmahl ambrassiren mögte, weilen meine
gesundtheit gott sey danck noch gar volkommen ist undt ich nicht glaube, daß
ich noch in langen jahren die reiße in jene welt thun werde, also bitte ich
mein lieb fraw von Harling, sich gar nicht zu eylen, eine thürhütterin im
himmel zu werden undt viel eher noch einen gutten frieden zu erwarten,
so unß wider zusammen bringen könte. Ihr wunsch kan woll volzogen
werden, daß ich lange undt gesundt leben kan, alleine glücklich undt vergnügt
ist nicht eine leichte sache hir. Wie es aber auch gehen mag …