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Versailles den 11. mertz 1706.
Monsieur Harling, meint er, daß ich mir einbilde, gar sehr gestiegen
zu haben? Nein, ich finde nicht, daß ein so großer unterschiedt zwischen
einem Churfürsten ist undt Monsieur, denn wie einmahl ein Churfürst ohne
incognito in Franckreich kam, ging er zwischen dem Dauphin undt Monsieur,
der damahl war; es war, glaub ich, zu Henry 4. zeitten. Leütte von
qualitet können auch mit Konigin umbgehen undt ihre freünde sein; das
seindt ja des adels privilegien. Mons. Harling weiß auch woll, daß ich
nicht stoltzer worden bin undt noch das alte rauschenblattenknechtgen bin,
so ich geweßen, denn erinert er sich nicht, wie ich seine audientz hir
entpfing undt seine handtschu vor die meine ahnthat? Ich rede allezeit gantz
natürlich wie ordinarie, also hab ich die pure wahrheit gesagt, wie es mit
meins Harlings beforderung abgangen ist; ich habe ihm gutten raht in
seiner conduite geben, das ist wahr, aber das hertz undt courage undt
der verstand, das seindt geburdtsstücke, die ich ihm nicht habe geben können,
undt dadurch hat er sich befordert. Ich hoffe auch, daß es hirbey nicht
bleiben wirdt, undt wofern ihm gott das leben lest, wirdt er es weyter
bringen; regimenter werden hir gekauft, aber nicht die brigadiersstelle,
also hoffe ich, daß ewer neveu sich so woll halten wirdt, daß ihr nichts
alß vergnügen ahn ihm erleben werdet. Ich aber werde mich allezeit eine
freüde machen, euch undt ihm zu versichern, daß ihr beyde eine wahre
freündin ahn mir habt.
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