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Brief vom 12. November 1711

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Friedrich v. Harling


14.


[084]
Marly den 12. november 1711.
… [Ich] dancke ihm sehr, sich über meine gutte gesundtheit zu erfrewen; ich bin nur zu gesundt, denn das macht mich so erschrecklich fett, daß endtlich zu fürchten ist, daß ich drin ersticken werde. Heütte haben wir wider gejagt; das wetter undt die jagt waren schön. Alleweil kompt der Englische hoff her, werden hir zu nacht eßen undt biß zum nachteßen spiellen. Ich spielle nie, drumb bin ich wider herein kommen zu schreiben. Ich liebe das spiellen gar nicht mehr zu meinem glück, denn ich bin nicht reich genung, wie andere meiner gattung zu spielen, undt zu kleinere spiel hette ich keine lust. Ob ich zwar nie spielle, felt mir doch die zeit gar nicht lang, finde alß waß in meinem cabinet zu thun: ich habe eine zimblich schönne suite von goltenen medaillen; ma tante hat mir auch silberne undt von bronze verehret; ich habe 2 oder 3 hundert gegrabene antique steine; ich habe viel kupferstück, die ich auch sehr liebe; ich leße auch gern; kan mir also die zeit nie lang satten. Es mag hübsch oder heßlich wetter sein, findt ich alß waß zu thun. Ich habe auch viel zu schreiben: Sontag schreib ich ahn ma tante unßere liebe Churfürstin undt in Lotheringen, Montags in Savoyen, nach Bayonne undt ahn die regierende Königin in Spanien, Dinstag in Lotheringen, Mittwog nach Modene, Donnerstag wider nach Hannover, Freytag in Lotheringen, Sambstags ersetz ich waß ich in der woch nicht habe schreiben können; bin also nie ohne waß zu thun… So frisch, alß gottlob unßere liebe Churfürstin ist, bin ich nicht; ich habe große schmertzen in den knien undt das fett erstickt mir den athem; wenn ich zwey schritt gehe, muß ich schnauffen wie ein beer.[1] Aber ich frage nichts darnach, wenn unßer herrgott nur I. L.[2] lange jahr erhelt undt mich ihr ende nicht erleben lest; das were nicht genung nach meinem sinn, daß I. L. nur 87 jahr alt solten werden, sie müßen über hundert jahr kommen. Ich wünsche den lieben frieden so sehr, daß ich ihn nicht glauben kan, biß ich ihn werde außblaßen hören in dem platz vor dem palais Royal. Es wirdt spät… [085]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. November 1711 von Elisabeth Charlotte an Friedrich v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 84–85
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d10b0014.html
Änderungsstand:
Tintenfass