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Brief vom 9. Juni 1718

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Friedrich v. Harling


56.


[114]
St. Cloud den 9. Juni 1718.
… Gestern fuhr ich nach Paris, denn man hatte mich gebetten, den ersten stein von einem kirchenbaw zu legen à l’abbaye au bois; dieße [115] ceremonie[1] ist lang undt bitter langweilig; insonderheit [bey] der abscheülichen hitze, so gestern war. Paris ist heyßer alß keine baadtstub immer sein kan, St. Cloud ist wie ein keller so kühl dagegen. Ich dancke ihm sehr vor das letzte bladt von den versen, aber es scheindt alß wenn noch ein bladt dran fehlt; ich mögte doch gern wißen, wer mir so favorable ist; ob zwar viel warheitten in dießen versen sein, so ist doch auch viel flatterie drinen; aber es ist gutt gemeint, bin also dem erdichter nicht desto weniger davor obligirt. Man schreibt oft lügen; daß unßere Königin seel. von Englandt auf ihrem todtbett solle declarirt haben, daß der chevalier de St. George nicht ihr sohn seye, ist eine abscheuliche [lüge]; er ist so gewiß ihr sohn, alß der regent der meine ist. Ey mein gott, man mag ihn nur ahnsehen, er hat viel von der Königin undt noch mehr vom gantzen englischen hauß. … Ich wolte nicht, daß die gutte fraw von Harling mir ein augenblick gelinder geweßen were, auch habe ichs baldt erkendt, denn ich sie all mein leben von hertzen lieb behalten undt viel lieber gehabt, alß mad. Trelon, so mir so gar gelindt war. …
P. S. Ich habe eine art von wettung gethan mit mad. de Berry, daß die hanoverische knackwürst beßer sein alß die sausisses de Bologne; ich bitt sehr, mit erster gelegenheit mir nur ein paar zu schicken.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. Juni 1718 von Elisabeth Charlotte an Friedrich v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 114–115
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d10b0056.html
Änderungsstand:
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