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Brief vom 12. Januar 1719

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Friedrich v. Harling


70.


[129]
Paris den 12. Januari 1719.
… Schlieben, so jetzt in der bastillen sitzt, ist der, welcher die faust verlohren hat; alle seine papiren hat man, also wirdt man alle seine schelmstück erfahren. Man hat schon drinen ein projet gefunden, so er gemacht, den König in Schweden in des Königs in Spanien interesse zu ziehen. [130] Seine ahnschläge seindt nicht glücklich, indem der arme König in Schweden geblieben; knal undt fahl soll eins geweßen sein. Dießer König hat woll gelebt, also kein unglück, geschwindt undt ohne schmertzen gestorben zu sein. Dießer Schlieben war kein spieller, aber der andere teütsche, so Sandrasqui heist undt auch in der bastillen ist, hat all sein undt seiner frawen gutt verspilt; er ist ein Schleßinger[1]. Oncle seelig hat groß recht: Ehrlich sein ist das vornehmste, wer man auch sein mag. Ich habe das hertz noch gantz schwer wegen des abscheülichen unglück undt brandt zu Luneville[2], denn das schloß, so gantz neü gebauet war, ist in 5 viertel stunden platt abgebrent; doch ein groß glück, daß alle fürstliche personen salvirt worden, da doch 100 personen umbgekommen. …
Ob zwar die verrahterey undt die urheber derßelben bekandt sein, so habe ich doch mühe, mich in ruhen zu setzen, denn die bößen leütt haben sich nicht contentirt, gegen meinen sohn zu conspiriren, sondern sie haben leütte bestelt, die durch gantz Paris haben gehen müßen, lügen inventirt, meinen armen sohn, deßen gröster fehler ist, nur gar zu gutt zu sein, wie einen tiran undt monstre zu beschreiben undt die abscheülichsten sachen von der welt vorwenden undt bey dem volck gantz verhaßt gemacht. Wenn sie die so große chargen haben, die gantze artillerie, die Schweitzer undt die carabiniers, wie leicht kan unter dießen allen ein schelm sein, der sich von allen den conspiranten bestechen lest undt ein schlim stück thut, wie die mad. du Maine selber meinem sohn gedrewet hat undt einer ihrer leütte schon vor 3 mont offendtlich gesagt: nous n’attendons que l’occasion pour donner une telle croquinniolle[3] au regent, qu’il n’en relevera jamais. Hirauß sicht Mons. Harling woll, daß ich kein groß unrecht habe, in sorgen zu sein. Bißher helt sich das parlement noch gar woll undt redtlich. Alberoni ist ein ehrvergeßener schelm, der meinen sohn personlich haßt. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. Januar 1719 von Elisabeth Charlotte an Friedrich v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 129–130
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d10b0070.html
Änderungsstand:
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