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St. Cloud den 28. september 1719.
… Ich glaube, daß die arme Jeanne Petit
[1] undt ihre Maintenon
in gar differenten ortern sein, denn Jeane war eine frome ehrliche, die
Maintenon aber deüchte nichts, wie man es auch wenden undt threhen
mögte. Vor etlichen tagen, da wir von ihr sprachen, hat mir ein wahrer,
ehrlicher mann einen brieff von ihr gewießen; ich kene ihre handt, kan
also nicht ahn der sach zweyffeln; in dießem brieff verräht sie den König
gantz undt wirft ein groß dessein über einen hauffen, der Duchesse de
Bourgogne zu gefahlen, damahl war die dauphine noch duchesse de
Bourgogne. Ich habe es nicht ohne schaudern leßen können, daß dießes
mensch dem großen König so untrewe, der ihrethalben [sich] durch ihren
heüraht verunehrt hatte; dießes ist capable, große reflectionen zu machen.
… Gott gebe, daß das starcke jagen zur Göher
[2] dem König in Englandt
nicht schade, denn er ist auch kein kindt mehr, weilen I. M. schon 59 alt
sein; der herr bischoff von Osnabrück wirdt auch woll thun, sich zu schonen.
Seine catholischen thumherren merittirten, corrigirt zu werden, undt
erweißen über ihre inpertinente freüdt, daß sie sowohl thume
[3] herren, alß
thumherrn sein. Sgnr. Ortence wirdt mich nie persuadiren, etwaß gegen
Jessuwitter ahnzufangen; ich kene die bursch zu woll; ich will soviel mir
möglich, mein alter in ruhen zubringen. … Ich findt, daß in einsambkeit
leben woll so gut ist, alß der hoffschwarm; in der einsambkeit hat man sich
in nichts zu zwingen, welches nicht eine geringe sache in meinem sinn; waß
man ließt, divertirt so woll alß waß man hört. Fliegenjagt da ergötze
ich mich auch mit; ich klappe sie aber nicht, sondern habe zwey kleine
gläßerne fleschgen auf meinem tisch vor mir stehen, darin ist honig undt
waßer, darinen fangen sich fliegen undt mucken, das amusirt mich recht. …
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