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Brief vom 12. Dezember 1720

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Friedrich v. Harling


117.


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Paris den 12. december 1720.
Mons. von Harling. Vorgestern habe ich sein schreiben vom 2. dießes monts entpfangen. Ich weiß nicht, waß Mons. de Torcy undt unßer verflucht pfaffgen, der ertzbischoff von Cambray, geweßener abbé Dubois, mit den posten machen; ahn allen orten wirdt über die unrichtigkeit der post geklagt. … Denßelben abendt, wie ich herkommen, habe ich gleich eine große visitte bekommen, nehmblich von unßerm König, welchem man seinen harten sprung auf dem kopf nicht mehr ansicht. Ich machte die umbstehenden alle zu lachen, alß ich zu dießem jungen kleinen König sagte: J’ay une grace à demander à V. M., qui est que, quand Elle voudra caprioller, que ce soit des pieds et jamais de la teste. Der König ist frisch undt gesundt. Andern tags fungen mein sohn undt ich unßern Sontag mit ein guttes werck ahn, denn wir machten auß zwey heyden von dem orientalischen Indien zwey christen; sie entpfingen die tauff mit einer so exemplarischen ahndacht, daß es eine schande vor unß alte christen war, weniger devotion zu haben. Sie seindt vorgestern wider in ihr landt gereist, scheinen recht gutte ehrliche leütte zu sein, haben eine action gethan, so mir gefahlen. Sie waren wegen eines großen proces herkommen. Wie man ihnen proponirte, christen zu werden, sagten sie: Nein, wenn wir unß jetzt tauffen ließen, würde jederman glauben, wir theten es nur, umb unßern proces zu gewinnen; aber wenn er außgemacht wirdt sein, wie er auch außschlagen mag, wollen wir unß tauffen laßen. Das hab ich schön gefunden ahn meinen patten. Man hat sie beyde Carl Philip geheißen, der eine ist 20 undt der ander 17 jahr alt. Dießer jungen leütte maniren seindt gar nicht wie die von Paris, so sich piquiren, ahn keinen gott zu glauben, undt sich in alle laster von der welt stecken; das hat mich recht moralisiren machen. Unßere Indianer haben recht gehabt undt ihren proces gegen boße Frantzoßen undt christen, so in Indien waren, gewohnen. Es seindt leütte, so zu leben wißen; sie seindt zwar recht schwartz wie die moren, haben aber lange glatte haar undt hübsche gesichter, keine platte naßen noch dicke mäuler, sondern seindt gar woll gebildt. Mons. Law[1] hat seine parthie genohmen, sich zu retiriren; er geht auf ein gutt, so er in Auvergne gekauft, so Effiat heist; fiat hat er in Paris verlohren, geht es in Auvergne suchen. Waß er da gewiß finden wirdt, ist ein alt schloß undt schön gutt; nimbt viel [181] gelt mit sich, ist also nicht sehr zu beklagen. Wenn die von der Sudsee ihre sach so woll zum endt bringen, kan man nicht sagen, daß sie auß dießer sach kommen wie Trivellin[2] auß seinen intriguen. Daß ist alles waß ich vor dießmahl sagen kan. Hirbey kompt der erste tome von der Reine Margueritte de Navarre, wünsche, daß es Mons. Harling divertiren mag…
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. Dezember 1720 von Elisabeth Charlotte an Friedrich v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 180–181
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d10b0117.html
Änderungsstand:
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