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Brief vom 28. Dezember 1721

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Friedrich v. Harling


137.


[205]
Paris den 28. december 1721.
… Paris tractirt mich wie ordinarie, bin so starck mit husten undt schnupen geplagt, daß ich mich nicht zu behelfen weiß. Ich habe woll gedacht, daß es mir so gehen würde, bin frisch undt gesundt von St. Clou herkommen. Die gutte Pariser wißens mir aber recht danck, gekommen zu sein, das muß mir in meiner kranckheit zum trost dinen. Ich muß mich eyllen, denn der kopf ist mir heütte gar schwer, habe eine schlimme nacht gehabt, will also nur geschwindt sagen, daß unßer vorhaben vor seinen kleinen neveu seinen fortgang gehabt undt er nun captein ist; ich finde, daß er Mons. Harling mehr gleicht, alß mein Harling. … Es ist der printzes des Asturie gangen wie der Braunsweigischen jungfer, die man ahn taffel seüffzen hörte undt fragte, ob sie umb ihren serviteur feüffzte? undt sie andtwortete: chervitteur? wat chervitteur, ick hebb mick so dick gefreten alß eine schindersteff. So ists Madlle de Monpensier auch gangen undt sie zu viel geßen gehabt, aber nun ist sie wieder gantz woll, wirdt baldt bey ihrem herrn sein. … Cartouche ist all lengst gerädert, aber sein todt ist wie ein hydre, denn seyder dem thut man nichts alß hencken undt rädern. Man hat seyder 2 tagen einen gefangen, so viel arger ist, alß Cartouche. … Den Neüjahrstag ist hir so ein abscheülich gethuns, daß ich nicht sicher bin, ob ich selbigen posttag werde schreiben können, derowegen will heütte Mons. von Harling ein glückseeliges friedt- undt freudenreiches neües jahr undt noch viel jahr eine gutte gesundtheit wünschen… Umb Mons. Harling ein wenig zu amusiren, schicke ich ihm die beschreibung von dem fest, so der reüssische gesante, der printz Doulouruqui[1], vor 8 tagen hir gehalten; man hat hir im landt noch keine feste gesehen, so mit größer ordre zugangen; das hette man woll nicht hinter einen Moscowitter gesucht. … Sein kleiner neveu wirdt braff von mir geplagt über sein zu strack gehen, scheindt ein gutt from kindt zu sein; ich gab ihm alß die teütsche zeittungen zu leßen, damit er sein teütsch nicht vergeßen mag, undt spreche kein frantzösch mit ihm, sondern lautter teütsch. Mons. Harling war keine perfecte schönheit, man konte ihn auch nicht heßlich schelten; wo es aber nicht schön war, das war wie ihm der Ruminger[2] die pistolkugel [206] in den backen geschoßen hatte undt ich ihn in meiner cammer verbinden sahe. Ich mache mir noch rechte [hoffnung] auf die taffel von den römischen Keyßern[3]; es würd mich verjüngern wie ein adler; es were mir leydt, wenn es nicht könte gefunden werden. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 28. Dezember 1721 von Elisabeth Charlotte an Friedrich v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 205–206
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d10b0137.html
Änderungsstand:
Tintenfass