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Brief vom 15. März 1722

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Friedrich v. Harling


142.


[208]
Paris den 15. mertz 1722.
Mons. von Harling. Vergangen donnerstag hab ich ohnmöglich auf sein schreiben vom 2. antworten können, bin alle augenblick interrompirt worden. Der König ist selbigen tag ins Te deum nach Nostredame mit meinem sohn undt allen princes du sang; darnach ist der König wider aux Thuileries, wo I. M. zu nacht geßen, seindt nach halb 9 herkommen, haben die 2 hoff in illumination gefunden. Mein sohn hat den König ahn der kutsch entpfangen undt ich in der salle des gardes, vorher hatte ich schon die infantin entpfangen. Ich habe sie begleytt biß in sahl, bin aber nur ein viertelstundt bey dem bal geblieben, denn ich liebe das frantzosche dantzen gantz undt gar nicht undt der menuet ist meine aversion, bin also baldt fort gangen. Der sahl war woll esclairirt, auf beyden [209] seytten 2 große gradins von 5 rangs; oben waren lautter masquen, hernach die damen, so nicht gekleydt undt nur kommen waren, den bal zu sehen, die 3 andern reyen waren lautter damen en grand habit voller edelgestein, das waren alle die, so dantzen wolten. Gegenüber dem haut dais vom König waren alle gebutzte cavalliers mit den princes du sang, denn auf des Königs haut dais können allein die enfans de France undt petits enfans de France sitzen. Aufs Königs haut also war die Infantin zu seiner rechten, ich zu der lincken, mein sohn bey der Infantin, undt seine gemahlin, die printzessinen du sang im retour. Ich sahe nur den branle[1] dantzen undt 2 däntze, so der König mit mein enckel Madlle that, hernach strich ich fort, ging in mein cammer, aß zu nacht undt ging hernach zu bett. Die infantin hat mit baldt gefolgt, der König hat noch gedantzt biß halb 12, der bal hat aber gewehrt biß andern tags umb 7 morgendts. Gestern ist der König undt seine infantin umb halb 5 herkommen ins opera, nach dem opera, so um halb 8 geendiget, war eine illumination à la place vor dein palais Royal, das fewerwerck war magnifique. Von der armen fürstin Ragotzi[2] werde ich nichts mehr sagen alß daß alles gehn muß, wie gott will. Ich habe einen edelmann zu Heydelberg gehabt, Mons. Borck der ist in 24 stundt gestorben, weilen er einen zahn außreißen laßen undt hernach in die lufft gangen. Ich hatte ihm verbotten, wiederzukommen; der arme mensch meinte, es were seine schuldigkeit wiederzukommen, er kam gleich, wie ich im schloßgarten war; ich zürnte, schickte ihn wieder fort, das fieber stieß ihn gleich ahn undt den andern tag umb 2 uhr nachmittags war er todt. … Ich erinere mich unßer Allefelt undt ihres manns Mons. Drost, alß wenn ich sie noch sehe; Drost undt Nehm kamen zusamen bey hoff, wie oncle seel. bischoff von Osnabrück wardt, die Allefeldt war schon bey hoff, kam, wo mir recht ist, ahn der Sparin[3] platz, undt Keppel kam nach hoff, wie wir von Pirmont kamen. Zu der zeit waren die hofffreüllen noch jungfern. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 15. März 1722 von Elisabeth Charlotte an Friedrich v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 208–209
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d10b0142.html
Änderungsstand:
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