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St. Cloud den 16. Julli 1722.
Mons. von Harling. Gestern habe ich eine tour nach Paris gethan,
wo ich meine enckelin
[1] au Val de grace besucht undt die unglückliche
printzes de Conti, so noch im Porte Royale steckt
[2], wo ich Madame la
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princesse
[3] gefunden. Umb 11 bin ich wieder in kutsch au palais Royal,
wo ich mit meinen enckeln undt damen zu mittag geßen. Nach dem eßen,
ehe ich wieder in kutsch bin, hat man mir sein schreiben vom 3. gebracht.
Ich bin Mons. Harling sehr verobligirt, vor mich in sorgen zu sein.
Ich kan mich leyder noch keiner gutten gesundtheit berühmen, habe doch
immer einen tag schlimmer alß den andern undt das ersticken undt die
heßlichen vapeurs dawern noch. Gott weiß, wan es ein endt nehmen wirdt,
muß es woll mit gedult erwarten. Die Frantzoßen wissen nicht, daß die
remedes de precaution sich gar nicht vor ein teütsches
rauschenplattenknechtgen schicken, auch will ich mich sobaldt nicht wider ertappen laßen.
Man hat mir heütte wider eine medicin ahngebotten, die habe ich aber in
gnaden abgeschlagen, will mich erst wider erhollen. Ich fange wider ahn,
ein wenig beßer zu eßen, solte ich jetzt darauf wider von dem grünen safft
nehmen undt purgiren, würde ich wider aufs neüe den appetit verliehren
undt in eine großere langeur
[4] fallen. Ich will mich erst gantz wider
erhollen, ehe ich mich wider kräncker machen laße, undt das deücht mir ahm
raisonablesten zu sein. Vor alle seine gutte wünsche dancke ich gar sehr…
Gehen kan ich nicht, habe schmertzen in den knien undt keinen ahtem.
Es ist mir [leydt], daß Mons. Harling husten und schnupen hat, wünsche,
daß er sich so woll herauß reißen möge, alß unßere gutte alte marechalle
de Clerembeau
[5] gethan; seyder sie hir ist, ist ihr der appetit wider
kommen, frist wie ein wolf undt geht wider ohne daß man ihr die handt
[giebt]. Nichts in der welt matt mehr ab, alß husten undt schnupen; man
sagt, daß es gesundt ist, ich bin aber nie der opinion geweßen. …