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Brief vom 17. Juli 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


22.


[037]
St Clou den 17 Julli 1695.
Hertzlieb Louisse, in ma tante paquet habe ich Ewer liebes schreiben vom 22 Juni–2 Julli zu recht entpfangen, bin gar nicht in sorgen gewehßen vor meinem brieff ahn pfaltzgraff Gustaff; den Ewere exactitude ist mir bekandt. Aber waß mich verdriest, ist die entschuldigung, so Ihr mir macht, liebe Louisse, daß Ihr mir geschrieben undt glaubt, daß wen Ihr mir öffter, alß einmahl deß monts schreiben soltet, daß mir solches incommode sein würde; den ich pretendire, daß Ihr undt Ewere geschwisterig persuadirt sein sollet, daß ich Eüch recht lieb habe, undt wen man die leütte lieb hatt, wirdt man nicht importünirt, öffters zeittungen von ihnen zu erfahren; also müst Ihr ahn meinen versicherungen zweyfflen undt daß verdriest mich, bitte derowegen, liebe Louisse, sagt mir, wie ich Eüch doch persuadiren könte, daß Ihr mir lieb seydt! Ich habe Lenor noch bey mir hir; der wird es frewen, wen ich ihr sagen werde, daß ihr bruder so ein schön regiement hatt undt beßere [038] minen, alß seine officirer, Lenor ihre 2 dochter ist jetzt jungfer (nein freüllen, glaube ich, sagt man nun in Teütschlandt) bey mir; sie ist all artlich, sehr weiß, schönne haar undt zähn undt fehlt nicht von verstandt. Ich glaube, der kleine Veninger ist fro geweßen, sich vor ein regiement zu sehen. Er, der vatter, hatt recht seinen sohn erst etwas lehrnen zu laßen, ehe er ihn in den krieg führt. Ich habe gar ein schlegt gedechtnuß undt erinere mich gar nicht, einen graffen von Nassaw L’Estourdy genent zu haben, erinere mich auch keiner andern graffen von Nassaw, alß graff von Ussingen, den man alß graff Walraht hieß undt welchen Ihr, wie Ihr ein kindt wardt, offt zu Heydelberg gesehen, eines jungen graffens, so sein vetter war undt den wir alß daß vetterle hießen, so damahlen gar lustig war, nach dem aber gar melancolisch geworden, den ich habe ihn seyder dem undt in der letzten reiße, so ich mitt dem hoff nach Strasburg gethan, zu Sarbrücken gesehen; undt zum 3ten kenne ich einen graff von Nassaw, so gar ein wackerer herr ist undt hir ins königs dinsten, aber sonsten deücht mich nicht, daß ich einigen andern kene, undt kan mich ohnmöglich erinern, den von Weilburg hir in Franckreich gesehen zu haben; aber es mag woll meines boßen gedechtnuß schuldt sein. Ich finde, daß die graffen lobenswerdt sein, so ihr fürstenbrieff verachten; dadurch werden sie in meinem sin mehr, ahlß neue fürsten, undt sein estimabler. Es ist mir leydt, daß ich mich seiner nicht erinern kan; wen ich ihn sehen solte, würde es mir vielleicht woll wider einfahlen. Alles muß sehr seyder meiner abreiße in Teütschlandt geendert sein; den man war nicht sehr curieux von meublen zu meiner zeit, wie ich höre, daß man nun ist. Es ist mir recht leydt, daß herr Max so übel auff ist; wünsche sehr, daß er baldt wider zu volkommen gesundtheit gelangen möge; bitte, ihm solches sambt meinem gruß zu sagen, auch Amelisgen von meinetwegen zu ambrassiren. Alle gutte Pfältzer von alter kundtschafft bitte ich auch von meinetwegen zu grüßen. Heütte verfluche ich den krieg woll mehr, alß nie. Mein armer sohn, so wider kranck geweßen undt noch daß quinquina braucht, hatt marchirt undt ist bey einem charmützel geweßen. Der marechal de Villeroy ist dem printz de Veaudemont auff seine arieregarde gefahlen, hatt ihm 4 batallionen geschlagen; mein sohn war bey alles undt man verfolgt den feyndt noch, hab also doppelte ängsten; den ob mein sohn [039] schon ohne wunden davon kompt, ist doch zu sorgen, daß ihn daß fieber wider ahnstoßen wirdt, indem er sich woll greulich wirdt erhitzt haben. Ein gutter frieden were wohl zu wünschen. Ich bin des kriegs woll müde. Ich bitte, liebe Louisse, informirt Eüch doch, obs war ist, daß man bey Gießen einen halm gefunden, so der landgraff von Darmstatt bewachen soll laßen, worauff 11 ähren sein sollen, undt ob man einen dergleichen gefunden zu endt deß 30jährigen kriegs! Alß ich Eüch letztmahl geschrieben, habe ich vergeßen, dießen hir beyligenden brieff zu schicken. Er ist von meinem teütschen koch, welcher gar ein gutter mensch undt von welchen ich sehr woll gedint bin, habe ihm also den gefallen thun wollen, dießen brieff in mein paquet zu schließen. Ihr werdt woll jemandts zu Franckfort finden, so ihn werdt zu recht bestellen können. Solten seine verwanten ihm wider schreiben, bitte ich, schliest den brieff in mein paquet undt schickt mir ihn! Adieu, hertzlieb Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt habe Eüch recht lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 17. Juli 1695 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 37–39
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0022.html
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