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Brief vom 8. Oktober 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


27.


[046]

A mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Fontainebleau den 8 October 1695.
Hertzliebe Louisse, heütte morgen habe ich Ewer schreiben vom 10–20 September entpfangen. Es ist mir lieb, darauß zu sehen, daß meine brieff so richtig gehen. Es fengt mir aber ahn, bang vor den gutten herr Max zu werden; den weillen er so offt umbschlegt, fürchte ich gar sehr, daß es endtlich mitt ihm hapern wirdt. Caroline wirdt baldt zwey von meinen schreiben entpfangen; den wie mir mad. de Bouillon zu St Clou sagte, daß sie ahn ihr schwester, mad. de Mazarin, schreiben wolte, gab ich ihr einen brieff vor Caroline, umb in ihr paquet zu thun. Ich lobe sehr an Eüch, liebe Louisse, daß Ihr dem h. Max so in seiner kranckheit beystehet, undt daß ist gar eine legi[ti]me excusse, umb nicht zu schreiben. Herr Max sein zustandt jammert mich von hertzen. Ich wünsche, daß er wider geneßen möge undt Eüch nicht verhindern, Eüch braff lustig in der meß zu machen. Franckfort wirdt jetzt, wie ich sehe, der rendevous von allen Teütschen fürsten. Der gräffin von Hohenlö hauß ist den der rendevous du beau monde, wie ich sehe. Ich habe ein contrefait von pfaltzgraffs Carls gemahlin gesehen, wie sie noch margraffin von Brandenburg war; daß war gar nicht hübsch. Solte daß kleine princessgen, so sie hinterlaßen, nicht schönner werden, wirdt ihre schönheit nicht zu rühmen sein. Ich wolte, daß sie die princes Amalie von Hannover zur fraw mutter bekämme. Mich deücht, der churfürst zu Pfaltz thäte beßer, sein gelt ahn die arme verderbte Pfältzer ahnznwenden, alß ahn carnavalsdivertissement; daß were löblicher vor gott undt der welt. Warumb werdt Ihr nicht nach Düßeldorff? Weillen Eüch pfaltzgraff Carl eingeladen, könt Ihr ja [047] woll hin. Wie Ihr mir dießen printzen beschreibt, bilde ich mir ihn gantz gutt ein, mögte ihn derowegen kenen. Ich wolte, daß der churfürst von Saxsen schon wider zu Dresen were; den es ist mir bang vor I. L., insonderheit aber vor seinen geweßenen hoffmeister Haxsthaussen, der mein alter undt gar gutter freündt ist. Ich dancke Eüch sehr, mitt mir über meines sohns ankunfft zu erfreüen. Er ist noch etliche zeit kranck geweßen, seyder er aber hir ist, hatt er sich mitt mail spiellen undt jagen courirt undt ist nun, gott sey danck, in volkommener gesundtheit. Ich glaube nicht, daß einige armeé jetzt waß weitters vornehmen kan. Freyllich hatt man den marechal de Bouffier auch zu Paris gesungen; hir ist sein liedt sur l’air de la joconde:
1.
Quoy Bouffier duc? on a grand tord,
c’est insulter la France;
Guilleaume l’oroit fait milord,
c’est sa vray recompense.
jl auroit mesme suplée
qu’on le fit grand d’Espagne,
ayant servie les allies
toutte cette campagne.
2.
Nous le verons l’anneé qui vient
nous commander en Flandre
et que nous perdrons avec soins
les places de la Sambre,
et si par vn rare bonheur
jl pert vne bataille,
le roy consultant son grand coeur
le fera connestable.
Da secht Ihr woll, daß man alles hir singt. Ihr werdt mir einen großen gefahlen thun, mir waß lustiges zu schicken, so Ihr waß findt, liebe Louisse! Mich wundert, daß Dupin, den ich doch offt sehe, wen ich zu Paris bin, mir nicht gesagt, daß er zwey bücher vor mich bekommen hatt. Ich will heütte noch nach Paris schreiben, daß man ihn drumb fragen solle. Wie mir Caroline letztmahl geschrieben, so scheyndt es, alß wen sie noch vor den frieden in Teütschlandt wolle. Wir werden aber woll einander leyder [048] so baldt nicht zu sehen bekommen. Ihr redt mitt mir von Eweren gesicht, so Ihr altfranckisch heist, undt denckt nicht, daß ich 10 jahr älter bin alß Ihr. Es kompt mir nicht zu, von gesichtern zu reden, auch werde ich mein leben niemandes haßen oder lieben wegen der schönne oder heßlichkeit, allein wir müßen sagen wie Jodelet: Maistre valet, si nous estions artissans de nous mesme, on ne veroit partout que des beautes extreme, weillen wirs aber nicht sein, müßen wir so mitt durchlauffen, wie es gottes wille geweßen, unß zu machen; allein waß mir allezeit ahn Eüch gefallen wirdt, ist Ewere tugendt, liebe Louisse, undt guttes gemüthe. Da sehe ich mehr nach, alß schöne gesichter, welche doch nicht lang schön bleiben. Die kleyder, so Eüch Ewer schwager, der duc de Schonberg geschickt, seyndt es kleyder oder robe de chambre? Wie ich sehe, auß waß Ihr mir hirauff sagt, mercke ich woll, daß man verpichter alß nie in Teütschlandt auff der moden ist. In meinem sin ist diß eine große thorheit. Ich wolte, daß es ahn dem were, daß man wider commers in Franckreich hette undt ein gutter frieden were. Ich glaube nicht, daß der Spiegel wider her in Franckreich darff; er hatt etlich starcke schulden gemacht undt gar übel bezahlt. Solte er herkommen, würde man ihn bey dem kopff kriegen, raht ihm, nicht herzukommen; den es würde mir unmöglich sein, ihn auß der justice handt zu retten. Der könig ist auch persuadirt, daß er wunderliche comerse hir hatt, undt hatt mir vorm jahr befohlen, Haxsthaussen deßwegen zu schreiben, damitt er hintern möge, daß dießer cammerdinner nicht wider kommen möge; also glaube ich nicht, daß er sich bey hoff wirdt weißen dörffen. Solte seine mutter zu Franckfort sein, solt Ihr sie deßwegen warnen; den es were mir leydt, daß einem Pfaltzer unglück hir begegenen solte. Hirmitt ist Ewer brieff beantwort undt weillen ich einen starcken schnupen habe, werde ich vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch allezeit sehr lieb habe wie auch Amelise, welche ich hirmitt ambrassire.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. Oktober 1695 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 46–48
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0027.html
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