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St Clou den 17 Juni 1698.
Hertzliebe Louisse, seyder ich Ewer schreiben vom
17/
27 May
entpfangen, seindt mir so viel verhindernüße zugestoßen, daß ich
ohnmöglich eher, alß nun, habe antwortten können. Diß landt ist
den contretemps sehr unterworffen. Daß ich mittleyden mitt Eüch,
liebe Louisse, gehabt habe, wie Ihr die kinderblattern gehabt,
bedarff woll kein danckens; den hiran habe ich nur gethan, waß
billig undt meiner schuldigkeit gemäß, zu dem aber so ist dieße
kranckheit eine solche sache, daß wer sie gehabt, seinen eygenen
feindt bedaweren könte, will geschweygen personen, so man lieb
hatt undt vor welche man sich recht interessirt. Waß ich in
meiner jugendt guttes gehört, werde ich nicht vergeßen undt, ob gott
will, im hertzen behalten. Es ist gar gewiß, daß man eher vergist,
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waß man hört undt sicht, wen man erwacksen ist, alß wen man
noch ein kindt ist. Zum sterben habe ich eben keinen gar großen
trost von nöhten. Ich wünsch den todt nicht undt scheü ihn auch
nicht; ohne den heydelbergischen cathegisemus kan man woll
lehrnen, sich nicht zu sehr ahn die welt zu attachiren, insonderheit
hir im landt, da alles so voller falschheit, neydt undt boßheit ist
and alle laster so unerhört im schwang gehen; allein weillen
sterben gantz wider die natur ist, kan mans doch nicht wünschen, ob
man gleich die welt nicht liebt. Hir ahn dießem großen hoff habe
ich mich schir zum eynsidtler gemacht undt es seindt gar wenig
leütte hir im landt, mitt welchen ich offt umbgehe, bin auch gantze
lange tage gantz allein in meinem cabinet, worinen ich mich mitt
leßen undt schreiben occupire; kompt jemandes, mich zu sehen,
sehe ich sie ein augenblick, rede vom wetter oder zeittungen, den
wider in meine einsambkeit. 4mahl die wog habe ich schreibtag,
montag in Savoyen, mittwog nach Modene, donnerstag undt sontag
schreibe ich große machtige brieffe ahn ma tante nach Hannover,
von 6 biß 8 fahre ich mitt Monsieur undt unßern damen spatziren.
3mahl die woch fahre ich nach Paris undt alle tag schreibe ich ahn
meine freündinen, so dort sein; ein oder 2mahl die woch jage ich.
So geht mein zeit hin. Ihr seydt woll lobenswehrt, Ewer schwester
undt Ihr, daß Ihr Eüch mitt wenigen vergnügen könt. Ahn he.
cantzeller Wießer habe ich Eüch sehr recommandirt; er hatt mir
auch versprochen, sein bestes vor Eüch zu thun. Alle die, so auß
Teütschlandt kommen, rühmen Eüch beyde unerhört, wie
tugendtsam Ihr lebet; daß höre ich mitt freüden. Was Ihr im überigen
pignoli heist, sehe ich woll, daß es ist, waß man auff frantzößch
de pignon heist. Danke Eüch sehr, liebe Louisse, daß Ihr mir
die beschreibung davon gethan habt. Franckreich ist der ort von
der [welt], wo man ahm wenigsten gutte remedien hatt; die abtecken
deügen gar nichts, auß[er] clistirmedecinen undt gar gemeine sirop
haben sie gar nichts undt wißen auch nichts rechts. Hettet Ihr mir
nicht geschrieben, daß man die pignoli in pastetten thut, hette ich
nicht gerahten, waß es ist; das hatt es mich errahten machen. Ist
es möglich, daß die pfarer so alber zu Franckfort sein, commedien
vor sünde zu halten? Ihre ambition, über die menschen zu regiren
wollen, ist viel eine großere sünde, alß ein unschuldig spectacle zu
sehen, so einem ein augenblick lachen macht; so poßen kan ich
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allen pfaffen nicht verzeyen. Adieu, hertzliebe Louisse! Ich habe
noch 3 brieff zu schreiben, muß derowegen schließen, versichere
Eüch doch noch, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.