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Brief vom 2. August 1698

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


63.


[109]

A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

St Clou den 2 Augusti 1698.
Hertzliebe Louise, es ist schon etliche zeit, daß ich Ewer lieben brieff vom 5–15 Julli entpfangen habe, aber unmöglich eher, alß nun, drauff antworten können. Es ist eben, alß wen der teüffel sein spiel mitt hett; allemahl undt so offt ich mich niedergesetzt habe, ahn Eüch zu schreiben, bin ich geruffen worden, undt es haben sich allezeit verhindernuße gefunden. Gott gebe, daß ich heütte einmahl vollig andtwortten möge! Es war gar nicht nöhtig, liebe Louise, daß Ihr mich umb verzeyung bitt, daß Ihr einen brieff vor die fraw von Ratzamhaussen von ihrer schwester, der fraw von Bernstein, in mein paquet eingeschloßen habt; den ich bin der fraw von Ratzsamhaussen ordinari secretarius undt bestehle [? bestelle] alle ihre brieffe, zu dem so zancken wir nicht umb die besoldung. [110] Ich wuste woll, daß der Bernsteinen dochter bey meines brudern s. gemahlin ist; dieße junge Bernsteinin kan woll verstandt, tugendt, undt meritten haben, aber sie kan nicht hübsch sein, wen sie ihrem guten ehrlichen vatter, meinem Bernstein, gleicht. Ich glaub, daß es der Gret ant thun wirdt, wen sie Eüch wirdt quittirt haben. Ich kan nicht begreiffen, wo der gantze pfältzische hoff sich wirdt zu Weinheim auffhalten können; den es ist ja ein kleiner ort. Waß die pretentionen ahnbelangt, waß man noch vor den armen zu Heydelberg schuldig ist, so kan ich hirauff nichts ordoniren; den alles, waß von der gantzen erbschafft kommen ist undt auch noch zu hoffen ist, wirdt woll unter meinem nahmen gefordert; so lang Monsieur aber lebt, bekomme ich nichts davon; den Monsieur alß maistre de la comunauté, wie man es heist, ist, so lang I. L. leben, herr undt meister über aber alles; ich kan von keinem heller ordoniren noch disponiren, den mein heürahtscontract ist auff Parisser brauch eingericht worden. Derowegen müßen alle die, so pretentionen haben, sich ahn Monsieurs conseil adressiren. Ihr habt gar recht geantwort, daß, wen es bey mir stünde, die sach baldt außgemacht sein würde. Waß Ewere sach ahnbelangt, so sollicitire fleißig vor Eüch. Es ist war, daß die sachen mitt Churpfaltz zu Franckfort sollen tractirt werden, undt man verspricht mir, daß Eüch dortten auch soll recht geschafft werden, undt man hatt mir gar nicht gesagt, daß man Eüch ahn Churpfaltz zu weißen gedencke; contrarie sie haben gesagt, daß man nur gelt erwartten wolle. Churpfaltz muß woll schulden machen; den sein hoff solle über die maßen magnifiq sein, des königs envoyes hatt mitt verwunderung davon geschrieben. Seydt in keinen sorgen, daß Ihr mir von dießen schulden geschrieben! Den ich werde Eüch woll keine händel mitt machen undt ahn niemandts nichts davon sagen. Vor die getruckte zeittungen dancke ich imer sehr, liebe Louisse! Ich habe noch gestern schreiben von der gutten hertzogin von Hannover auß Modene entpfangen. I. L. sagen mir aber kein wort von dero fr. tochter heüraht mitt dem romischen könig, fürchte also, daß es noch nicht richtig ist. Daß die hertzogin von Modene mitt einem printzen niederkommen ist, werdet Ihr nun schon woll wißen. Die complaissance, so die princes von Ahnspach hatt, mitt ihrem her bruder auff die jagt [zu gehen], ist nicht schwer zu volziehen. In meinem sin, wie Ihr mir dießen margraffen [schildert], so muß es schir ein art von humor [111] sein, wie der alte hertzog von Lotheringen, deß unßerigen großoncle, weillen er verstandt hatt undt doch so viel possen ahnfangt. Apropo von Lotheringen, meiner dochter heüraht ist noch ein par wochen verschoben worden. Vor Amelisse sage ich hirmitt nichts, liebe Louisse! den ich werde ihr selber schreiben. Vor etlichen tagen ist etwaß wunderliches undt neües hervorkommen: der printz de Conti undt der grand prieur de Vandosme haben zu Meudon handel bekommen, der grand prieur hatt den printz de Conti herauß fordern wollen; sie haben sich aber so lautt gezanckt, daß man dazwischen kommen; der könig hatt den grand prieur in die Bastille setzen laßen; wie lang er drinen bleiben wirdt, weiß man [? nicht]. Die querelle ist gekomen über spiellen, weillen grand prieur hatt stechen laßen a lombre, wie der printz de Conti spilte undt codille damitt gewonen hatt. Printz de Conti sagte, der grand prieur spille mitt zu groß avantage; daß hatt dießem verdroßen undt andern tags drauff den printzen herauß gefordert, weillen ihm gar übel gelungen ist. Gestern (nein, ich betriege mich, es war vorgestern) hatt mir herr docktor Clöter Ewer schreiben vom 28 May a. st. bracht. Ich habe ihm gleich ein recomandationschreiben nach Metz einhändigen laßen, wie er es begehrt, undt in waß bey mir steht, werde ich Eüch, liebe Louisse, nichts abschlagen; den ich habe Eüch von hertzen lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 2. August 1698 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 109–111
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0063.html
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