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Ich habe niemahlen keinen alten margraffen von Ahnspach
gekandt. Der, so meines bruders s. gar gutter freündt war, war
noch ein gantz junger herr; ich glaube nicht, daß er 30 jahr alt
war, wie er gestorben ist. Er wahr woll geschaffen, allein sein
verstandt stimbte nicht mitt seiner figur überein; den es war der
abgeschmackeste undt soteste herr, den ich mein leben gesehen
habe. Ich fürchte, sein sohn wirdt nicht mehr verstandt haben, alß
der herr vatter. Ich habe ihn noch nicht gesehen, allein ein
souverain macht schlime figure in Franckreich. Ihr thut woll, den
pfaltzischen hoff zu meyden, weillen man Eüch so wenig distinguirt.
Ich habe schon meine meinung hirüber ahn Louisse geschrieben,
wie Ihr auß meinem letzten brieff werdet gesehen haben. Daß
paucken undt trompetten ist ein alter teütscher brauch; dieß finde ich
nicht übel eben. Bey dem alten hertzog August von Braunsweig
stundte der bauker in einer galerie vor deß hertzogs cammer undt
so baldt der hertzog auß seinem apartement ging, paukte man;
daß funde ich zu viel, aber im außfahren stehet es nicht übel. Daß
keine cadets von fürstlichen heüßern mitt dem churfürsten eßen,
finde ich recht unbillig. Mein gott, weßwegen habt Ihr doch
mißgönners? Den Ihr steht ja niemandes in den weg. Ich habe der
churfürstin zu Pfaltz juwellen gesehen, auff papir gemahlt, darauff
scheinen sie über die maßen schön sein; man sagt aber, daß sie
nicht rein noch perfect sein. Ich bin fro Ewerthalben, liebe
Amelisse, daß man die comedien zu Franckfort erlaubt hatt; wünsche,
daß Ihr Eüch woll in der meß divertiren möget. Ihr werdt mir
einen rechten gefahlen thun, mir zu berichten, wie es dort hergehen
wirdt. Ich habe gehört, der churfürstin zu Pfaltz liebe gegen ihrem
herren were so starck, daß es offt auff eine jalousie außlaufft;
drumb folgt sie dem churfürsten gewiß so überall nach. Ich weiß
dem churfürsten danck, nicht mistrawisch zu sein undt einen
reformirten docktor zu haben. Waß sagen aber die herrn Jessuwitter
hirzu? Mein gott, liebe Amelisse, seydt doch nie in keinen sorgen,
wen Ihr mir naturlich schreibt! Daß kan man nie abgeschmackt
heißen, contrarie, daß ist woll geschrieben undt so habe ichs recht
gern. Da kommen viel leütte undt wollen mich sprechen, meine 2
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vettern von Heßen, wie auch pfaltzgraff Christian, madame la princesse
undt zwey von I. L. dochtern, muß derowegen in großer eyll
schließen, habe nicht einmahl der zeit, mein gekritzel zu überleßen
undt zu corigiren. Adieu, liebe Amelisse! Ich ambrassire Eüch
undt Louisse von hertzen undt habe Eüch recht lieb.
Brief vom 27. September 1698
von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz
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Empfohlene Zitierweise:Brief vom 27. September 1698 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 116–117 Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0067.html |
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