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A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Port royal den 12 Juni.
Hertzliebe Amelisse, gestern abendts habe ich Eweren lieben
brieff vom 23 May – 2 Juni zu recht entpfangen, undt ob es zwar
schrecklich heiß heütte ist undt noch kein stundt, daß ich von St
Clou hir ahnkommen bin, so werde ich Eüch doch gleich
andtwortten. Wie ich sehe, so kommen meine schreiben viel geschwinder
über, alß die Ewerigen; den nach meiner rechnung so müst Ihr
meinen brieff vom 19 donnerstag den 28 entpfangen haben, also
just den 9 tag unterwegens geweßen. Ich glaube, die greüliche
hitze macht mich extravagiren; den ich habe nicht betracht, daß
Ewer liebes schreiben vom 2 Juni auch ist undt nicht allein vom
23 May, also eben so woll in 9 tagen überkommen ist alß das
meinige. Alles ist verhengnuß in dießer welt, also kein wunder,
daß es nicht einem geht, wie dem andern. Ich muß aber lachen,
daß Ihr die fortune so delicat außsprecht undt nur fordune
heist; wen dieße fordune dan Eüch nur in andern sachen
favorabel ist, werdt Ihr Eüch woll endtlich getrösten können, daß
Ewere brieffe übeller, alß Louisse ihrer, bestehlt werden. Ich
glaube, liebe Amellisse, daß Ihr versuchen wolt, ob ich noch filtzen
kan, daß Ihr mir so was abgeschmacktes dahersagt, nehmblich
daß Ewere brieffe mir zu offt kommen undt daß sie mich
importuniren; den wen die, so ich lieb habe, mir mitt solchen discoursen
hervorkommen, so zürne ich recht. Last Eüch diß vor dießmahl
zur wahrnung dinnen, liebe Amelisse, undt kompt mir nicht mehr
damitt auffgezogen! sonsten werde ich zörnen. Ich glaube, daß Ihr
daß frantzosch sehr delicat außsprecht; den schir überall, wo man
ordinarie ein t setzt, setzt Ihr ein d, alß bonne fordune, indention,
imporduniren; den hir im landt sagt man fortune, intention,
importuner; es muß also sehr delicat heraußkommen, mögte es gerne
hören. Ich höre gerne neüe zeittungen, allein ob schon keine in
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Eweren brieffen, werden sie mir doch nicht desto weniger
ahngenehm sein; den Ihr undt Ewere geschwister seydt gar gewiß, liebe
Amelisse, wo ich mich ahm meisten vor interessire. Ich pretendire
Eüch nicht Ewer frantzosch umbsonst alß zu corigiren, corigire es
mitt dem beding, daß Ihr mir meine teütsche frassen, im fall ich
etwaß mögte vergeßen haben, auch corigiren mögt; den wie Ihr
secht, so bin ich sehr interessirt. Die auffs landt ziehen, haben
woll groß recht; den bey dießem schönnen undt warmen wetter ist
es nicht gutt noch ahngenehm, in einer stadt verspert zu sein.
Der sawerbrunen ist hir im landt auch sehr a la mode geweßen.
Man kompt aber nun schon wieder; gestern undt vorgestern
kammen I. L. monsieur le duc undt madame la duchesse. Hatt man aber
mäner feil in den teütschen sawerbrunen, daß daß sprichwort
sagt, daß man deßwegen in sawerbrunen zicht? Kinder bekommen
ist ein trawerig handtwerck. Wie ich aber von mein fraw baß, der
fraw landtgräffin Libden, vernehme, so wirdt die ursach, umb
kinder zu krigen, sie nicht in den sawerbrunen führen; den sie hatt
deren genung. Ich bin fro, daß Ihr undt Louisse ins Schlangenbadt
geht; daß wirdt Eüch ein wenig verenderung geben. Ich kan mir
nicht einbilden, waß monsieur d’Iberville so offt zu Cassel thun muß.
Ich bin ihm sehr verobligirt, guts von mir zu reden; den es bloß
sein gutter wille sein muß; den ich erinere mich nicht, mein leben
ein wordt mitt ihm gesprochen zu haben. Wen es jemandes were,
mitt wem ich bekandt, könt Ihr woll gedencken, daß ich ihn würde
gebetten haben, offt zu Eüch zu kommen. Daß mergen von dem
tag erinere ich mich gar nicht, mein leben gehört zu haben; diß
landt macht einem manch mergen vergeßen. Ich habe all mein
leben die commedien sehr geliebt undt liebe sie noch; ist also kein
wunder, daß mir daß possenspiel im gedächtnuß blieben ist. Es
ist nur seyder meinen kinderblattern, daß ich mein gedachtnuß
geschwächt finde. So baldt ich einen ameishauffen finden werde,
werde ich daß remedium versuchen, welches ahngenehm ist; den es
richt wie eßig undt ich riche gerne eßig. Hir im landt seindt die
ameisshauffen nicht in den wießen, sondern nur in den wäldern,
aber so offt ich deren finden werde, will ich es thun; dancke Eüch,
liebe Amelisse, zum vorauß davor. Ich bin alle tag, die gott gibt,
3 stundt in der lufft. Seyder etlichen jahren her bin ich sehr
melancolisch worden, liebe nichts mehrers, alß die einsamkeit, undt
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gestehe, daß ich allezeit die geselschafft fliehe. Man wirfft mirs offt
genung vor, ich kans aber nicht endern. Ich finde mich selber so
langweillig, daß ich förchte, die geselschafft zu enuyren; bin
derowegen lieber allein, bringe alle tag 5 gantzer stunden allein zu.
Deß envoyes von Denemarck fraw, die fraw von Magercroon, hatt
mir keyßer Carls kopffwaßer versprochen; gebt Eüch also die mühe
nicht, solches vor mich zu machen! Es ist warlich meine schuldt nicht,
sondern monsieur de Bechamel, Monsieur surintendenten, schuldt,
daß Ihr die contrefait noch nicht habt; er hatt mir schon
zweymahl so abscheüliche contrefait machen laßen, daß ich sie nicht
habe schicken dörffen. Ich versprech Eüch aber, daß ich wider
auffs neüe dran treiben werde. Daß vertrawen, so Ihr mir erweist,
touchirt mich recht, liebe Amelisse, undt habe eine rechte
reconoissance davor. Ich bin Eüch auch sehr verobligirt, daß Ihr
wünscht, zu meinem vergnügen zu helffen, allein mein lauff ist
baldt zum endt; ich fange ahn undt werde sehr alt; verzweyffelt
noch verzagt bin ich nicht, aber durch manche gar trawerige
experientzen der welt sehr satt undt müde. Ich lebe, ohne nichts zu
fürchten noch zu wünschen; außer meine kinder, ma tante, Eüch
undt noch etliche gutte freünde, sonsten nehme ich in nichts part,
waß auch in der welt vorgehen mag. Vor mir selber wünsche ich
nichts, alß gesundtheit, undt hirin erhört mich gott der allmächtige
woll; den ich bin gar gesundt, gott lob! Carl Moritz solte die
milchchur brauchen, daß würde ihn erfrischen undt den greülichen
durst benehmen. Der könig kan daß landtknechtspiel nicht
verbietten, so lang sein eintziger sohn undt bruder, alß monsieur le
Dauphin undt Monsieur, nichts anderst spillen wollen. Viel leütte
seindt doch Ewerer meinung. Es ist mir immer bang darbey, wen
ich kinder so witzig vor dem rechten alter sehe; den es ist ein
zeichen, daß sie nicht lange leben, ist mir also bang vor dem
kleinen churprintzen von Brandenburg. Ich erinere mich deß
obersten Degenfelts gesicht noch gar woll; er hatte ein kurtz
viereckelt gesicht, aber nicht schmahl. Wie haben die damen Carl
Moritz nicht ahn seinem aug gekendt? Daß kan doch der jetzigen
damen coeffure nicht verbergen. Ihr, liebe Amelisse, müst sehr
seyder Ewer kindtheit geendert sein, wen Eüch der manshabit nun
woll stehet; den wie Ihr ein kindt wahret, sahet Ihr einer damen
viel mehr, alß einem cavalier, gleich; Ihr glichet unßerer
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verstorbenen königin s. Courage ist nur eine gewohnheit; wen man bey
leütten ist, so nicht furchtsam sein, lernt mans auch. Unßer herr
vatter s. pflegte mir zu sagen, er wolle mich nicht reitten laßen,
weillen I. G. nicht wüsten, ob der man, den ich bekommen würde,
gerne hette, daß seine gemahlin reitten möge; allein vor criminel
hatt er mirs nie passiren machen. Den humor, wie ich den duc
de Chomberg kene, hette ich nie gedacht, daß er Eüch daß
schießen undt reitten proponiren würde. Mich deücht, es seindt jetzt
so wenig lutterische princessinen vorhanden, daß die lutterische
könige sich woll mitt den reformirten werden behelffen müßen.
König in Engellandt glaube ich nicht sehr pressirt, zu heürahten.
Dießer könig ist gewiß durch seine meritten einer von den grösten
königen, so jemahlen gecrönt worden, aber unter unß will ich Eüch
woll gestehen, daß, wen ich ledig were oder witwe undt er mir die
gnade thete, meiner zu begehren, so wolte ich lieber ledig bleiben,
alß die gröste königin von der welt werden undt einen man haben;
daß heürahten ist mir abscheülich verleydt, dancke doch vor den
wunsch, welcher allen andern außer mir gefahlen würde. Auß
dießem discours secht Ihr woll, daß ich Eüch sehr woll verstanden
habe. Ich estimire den könig von Engellandt sehr, ich erkene seine
meritten; ich wolte, daß er mein tochterman hette können werden,
dazu hette ich ihn lieber gehabt. Ewer brieff war gar leßlich undt
auch nicht langweillig. Ihr secht woll, daß ich ihn gar woll geleßen,
indem ich gar exact drauff geantwortet habe, undt weillen die
antwort zum endt, bleibt mir nichts mehr überig, alß Eüch zu bitten,
liebe Amelisse, persuadirt zu sein, daß ich Eüch von hertzen lieb
behalte.