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Brief vom 12. Januar 1700

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


101.


[184]
Versaille den 12 Januar 1700.
Hertzliebe Louisse, Ihr habt groß recht, zu glauben, wie Ihr in Ewerm lieben brieff vom 19/29 December ahnfangt, daß ich nicht übel finde, daß Ihr mir schreibet, undt ich sage mehr, Ewer undt Amellisse schreiben erfrewen mich, aber es ist mir ohnmöglich geweßen, zu schreiben; den die 4 wochen, so ich mitt meiner dochter bin eingespert geweßen, habe ich so viel zu thun gehabt, daß ich ohnmöglich habe zum schreiben gelangen können. Kaum habe ich der zeit gefunden, ahn I. L. die churfürstin, meine liebe tante, zu schreiben. Nachdem sie gantz courirt, seindt wir von vissitten geben undt nehmen accablirt worden, undt seyder sie wider zu Nancy undt ich hir, seindt mir hundert undt hundert verhindernüßen zugestoßen undt seyder 2 tagen kommen wir erst wider von Marly. Heütte habe ich aber nicht lenger auffschieben wollen, hette doch dazu noch woll eine gutte ursach gehabt; den [185] ich habe heutte 3 stundt den wolff gejagt, undt weillen ich eben nicht in athem bin (den es ist zwey gantzer monat, daß ich nicht gejagt habe), so bin ich müde genung; jedoch so will ich heütte ahn Eüch, liebe Louisse, undt Ewere geschwisterig schreiben. Ich habe es Eüch, liebe Louisse, zu dancken, daß meine dochter keine mahler bekommen; den ich habe Ewer recept mitt dem pinonohl ahn sie versucht, welches gar woll gerahten, dancke Eüch von hertzen davor. Ich bin zu keinen freüden geboren, also kein wunder, daß meiner dochter reiße hir so gar trawerig abgeloffen ist. So baldt es meiner dochter möglich geweßen, ist sie wider nach Nancy zu ihrem herrn. Ich hoffe, die römische königin wirdt es machen, wie I. M. fraw schwester, so mitt einer princessen ahngefangen, aber das jahr hernach einen printzen bekommen; den ich wünsche der lieben königin alles guts. Der ertzhertzog solle nun die kinderblattern haben, so gar starck auch zu Wien regieren; solte dießer ertzhertzog zu sterben kommen, würden die Ostereicher noch mehr entpfinden, daß kein ertzhertzog geboren worden. Mein dochter hatt auch daß glück, sehr von ihrem herrn geliebt zu werden undt ihn überauß zu lieben; ich hette es nicht gemeindt, wen ichs nicht bey nahem gesehen hette. Schickt mir ein memorial vor Ewers schwagers interesse, so sich ahm könig adressirte! so werde ich es überreichen undt die sach apuiren; den der könig würde die gedult nicht haben, daß ich ihm mündtlich davon spräche undt die sach explicirte. Wie Ihr mir geschrieben, mitt dem hertzog von Lotheringen Ewers schwagers gütter wegen zu reden, da war ich schon eingespert undt konte unßern hertzog nicht mehr sein.[1] Schickt mir auch ein memoire! so will ichs ihm schicken undt sehr bitten, Ewerm schwager favorabel zu sein. Bin fro, zu vernehmen, daß madame Brun, freüllen Charlotte undt die gutte fraw von Wollmershaussen noch gesundt sein; bitte, sie von meinetwegen zu grüßen. Es ist hir eine gar machtige dame, so madame Brun gleicht undt mich viel ahn sie gemandt. Vor Eweren gutten neüjahrswünsch dancke ich Eüch von hertzen, liebe Louisse, undt wünsche Eüch hergegen alles, waß Ewer hertz begehrt. Ich will noch ahn Amelisse undt madame de Beuveron heütte schreiben; derowegen kan ich Eüch vor dießmahl nichts [186] mehr sagen, alß daß ich Eüch so woll in dießem neüen jahr, alß in den vergangenen jahren, recht lieb habe undt behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. Januar 1700 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 184–186
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0101.html
Änderungsstand:
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