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Brief vom 15. Mai 1701

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


132.


[227]
Port royal den 15 May 1701.
Hertzliebe Amelisse, Ihr werdet gedencken, daß ich mein wordt wie ein anderer schelm gehalten habe, indem ich Eüch schon lengst versprochen, zu schreiben, undt es doch nicht gethan; aber ich habe ohnmöglich gekönt, werde heütte auff zwey [schreiben] auff einmahl andtwortten, alß nehmblich auff daß vom 29 April, so ich vergangen sontag durch abbé de Thessut entpfangen, undt eines durch die post vom 20 Aprill; werde bey dem frischten ahnfangen. Ich verzehle Eüch nicht alle verhindernüßen, so mir zugestoßen seindt, daß würde Eüch nur langweillig fahlen undt viel zeit nehmen; den heütte muß ich auch noch in großer eyll schreiben; den wie Ihr auß Louisse brieff, so ich ihr schreibe, sehen werdet, so muß ich heütte noch mitt meinem sohn ein kindt auß der tauff heben, undt wir werden hernach mitt einander ins opera, muß also nur in großer eyll schreiben. Ihr habt groß recht, zu glauben, liebe Amelisse, daß complimenten gar meine sache nicht sein, finde nichts langweilligers. Abbé Thesseut sagt, daß es zu Franckfort gar langweillig seye. Vielle hir glauben den frieden, ohnahngesehen alles zum krig bereydt wirdt. Gott gebe es! Mich deücht, man verstehet die sach nicht recht in Teütschlandt undt alle haubter seindt nicht einig genung, umb die freyheit recht zu mainteniren; aber ich glaube nicht, daß man sie zu stewern begehrt; den mich deücht, daß man ahn allen orten den frieden wünscht undt hir mehr, alß nirgendts. Daß Louisse mir von ma tante, die fraw churfürstin, propossition geschrieben, aprobire ich sehr. Ihr werdt in ihrem brieff sehen, waß ich drauff andtworte. Ich muß lachen, daß Ihr sagt, daß Ihr Eüch zu keiner hoffnärin schicken könt; [228] dazu begehrt Eüch auch ma tante woll nicht, aber man könte es machen, alß wie in Franckreich, da man survivancen gibt, undt so können beyde eine charge haben; also könte Louisse hoffmeisterin werden undt Ihr die survivance haben undt ihre stelle allezeit betretten, wen sie entweder kranck oder abweßendt ist. Nie kan man schande haben, diejenigen zu bedinnen, so unß so nahe sein undt so viel meritten haben, wie unßere liebe churfürstin von Braunsweig ist. Ich bin verwundert, wen Ihr mir sagt, daß Ihr jetzt mager seydt; den wie Ihr ein kindt wahret, da wahret Ihr ja recht fett; daß macht mich glauben, daß Ihr es noch einmahl werden werdet. Ich bin erst nach 41 jahr fett worden; also mögte es Eüch auch noch woll geschehen, liebe Amellisse! Ich apropire sehr, daß Ihr nach Hannover geht; bey der churfürstin zu sein, kan Eüch nie anderst alß repetirlich sein. Mich deücht, es braucht nicht viel gentillesse, bey hoff zu sein; man ist natürlicher bey hoff, alß in den provintzen undt stätten, undt wen man so raissonabel ist, alß Louisse undt Ihr, liebe Amellisse, seydt, kan man sich überal durchbringen. Ewer brieff ist gar nicht alber. Ewer vertrawen touchirt mich recht, undt umb zu reden, [wie] man hir sagt, so ist es recht mein foible; drumb last Eüchs ja nicht gerewen! Hirmitt ist Ewer letzter brieff exact beantwortet. Ich komme jetzt auf den ersten durch abé Thessut oder bloß auß der post, ist all eins, alle brieffe werde geoffnet, so in Franckreich kommen undt dort weg gehen. Ich weiß es gar woll, frag aber nichts darnach, schreibe doch alles, waß mir im kopff kompt. Der krieg kan unßer comerce nicht auffheben. Waß geht unß der krieg [an]? Weder Ihr noch ich seindt nicht mitt in dem geheimen raht undt die stadtsachen gehen unß nicht ahn. Wir können also sans consequence sagen alles, waß wir wollen. Ich habe dem elsten graffen von Nassau Weillburch heütte ein ohl gebracht, welches mir über die maßen woll bekommen, wie ich den arm auß einander gefahlen hatte; es sterckt die nerven undt adern undt senen; ich hoffe, daß es ihn baldt wider seinen arm zu recht bringen wirdt. Es ist nicht nöhtig, zu sprechen vor dieße 2 junge graffen; sie können zu Paris sein, so lang sie wollen. Dießer elste graff ist in volkommener gesundt[heit] undt wirdt nicht lahm werden. Sie sagten mir vorgestern, daß sie baldt weg würden. Lenor ist noch nicht hir, wirdt aber nun baldt kommen. Die mißheüraht verdrießen mich immer, ist unßern Teütschen [229] recht schimpfflich; den sie hatten daß über andere nationen, ihre heüßer pur zu behalten, undt, gott verzeye mirs, ich glaube, ich vergebe einer damen er 10 galants, alß einen mißheüraht. Hirmitt ist Ewer zweytes schreiben auch vollig beantwortet undt die zeit kompt heran, daß ich weg muß, kan derowegen nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch ambrassire undt recht lieb habe.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 15. Mai 1701 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 227–229
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0132.html
Änderungsstand:
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