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Port royal den 15 May 1701.
Hertzliebe Amelisse, Ihr werdet gedencken, daß ich mein wordt
wie ein anderer schelm gehalten habe, indem ich Eüch schon lengst
versprochen, zu schreiben, undt es doch nicht gethan; aber ich habe
ohnmöglich gekönt, werde heütte auff zwey [schreiben] auff
einmahl andtwortten, alß nehmblich auff daß vom 29 April, so ich
vergangen sontag durch abbé de Thessut entpfangen, undt eines
durch die post vom 20 Aprill; werde bey dem frischten ahnfangen.
Ich verzehle Eüch nicht alle verhindernüßen, so mir zugestoßen
seindt, daß würde Eüch nur langweillig fahlen undt viel zeit
nehmen; den heütte muß ich auch noch in großer eyll schreiben; den
wie Ihr auß Louisse brieff, so ich ihr schreibe, sehen werdet, so
muß ich heütte noch mitt meinem sohn ein kindt auß der tauff
heben, undt wir werden hernach mitt einander ins opera, muß also
nur in großer eyll schreiben. Ihr habt groß recht, zu glauben,
liebe Amelisse, daß complimenten gar meine sache nicht sein, finde
nichts langweilligers. Abbé Thesseut sagt, daß es zu Franckfort gar
langweillig seye. Vielle hir glauben den frieden, ohnahngesehen
alles zum krig bereydt wirdt. Gott gebe es! Mich deücht, man
verstehet die sach nicht recht in Teütschlandt undt alle haubter
seindt nicht einig genung, umb die freyheit recht zu mainteniren;
aber ich glaube nicht, daß man sie zu stewern begehrt; den mich
deücht, daß man ahn allen orten den frieden wünscht undt hir
mehr, alß nirgendts. Daß Louisse mir von ma tante, die fraw
churfürstin, propossition geschrieben, aprobire ich sehr. Ihr werdt
in ihrem brieff sehen, waß ich drauff andtworte. Ich muß lachen,
daß Ihr sagt, daß Ihr Eüch zu keiner hoffnärin schicken könt;
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dazu begehrt Eüch auch ma tante woll nicht, aber man könte es
machen, alß wie in Franckreich, da man survivancen gibt, undt so
können beyde eine charge haben; also könte Louisse hoffmeisterin
werden undt Ihr die survivance haben undt ihre stelle allezeit
betretten, wen sie entweder kranck oder abweßendt ist. Nie kan man
schande haben, diejenigen zu bedinnen, so unß so nahe sein undt
so viel meritten haben, wie unßere liebe churfürstin von Braunsweig
ist. Ich bin verwundert, wen Ihr mir sagt, daß Ihr jetzt mager
seydt; den wie Ihr ein kindt wahret, da wahret Ihr ja recht fett; daß
macht mich glauben, daß Ihr es noch einmahl werden werdet. Ich
bin erst nach 41 jahr fett worden; also mögte es Eüch auch noch
woll geschehen, liebe Amellisse! Ich apropire sehr, daß Ihr nach
Hannover geht; bey der churfürstin zu sein, kan Eüch nie anderst
alß repetirlich sein. Mich deücht, es braucht nicht viel gentillesse,
bey hoff zu sein; man ist natürlicher bey hoff, alß in den provintzen
undt stätten, undt wen man so raissonabel ist, alß Louisse undt Ihr,
liebe Amellisse, seydt, kan man sich überal durchbringen. Ewer
brieff ist gar nicht alber. Ewer vertrawen touchirt mich recht,
undt umb zu reden, [wie] man hir sagt, so ist es recht mein foible;
drumb last Eüchs ja nicht gerewen! Hirmitt ist Ewer letzter brieff
exact beantwortet. Ich komme jetzt auf den ersten durch abé
Thessut oder bloß auß der post, ist all eins, alle brieffe werde
geoffnet, so in Franckreich kommen undt dort weg gehen. Ich
weiß es gar woll, frag aber nichts darnach, schreibe doch alles,
waß mir im kopff kompt. Der krieg kan unßer comerce nicht
auffheben. Waß geht unß der krieg [an]? Weder Ihr noch ich seindt
nicht mitt in dem geheimen raht undt die stadtsachen gehen unß
nicht ahn. Wir können also sans consequence sagen alles, waß
wir wollen. Ich habe dem elsten graffen von Nassau Weillburch
heütte ein ohl gebracht, welches mir über die maßen woll
bekommen, wie ich den arm auß einander gefahlen hatte; es sterckt die
nerven undt adern undt senen; ich hoffe, daß es ihn baldt wider
seinen arm zu recht bringen wirdt. Es ist nicht nöhtig, zu
sprechen vor dieße 2 junge graffen; sie können zu Paris sein, so lang
sie wollen. Dießer elste graff ist in volkommener gesundt[heit] undt
wirdt nicht lahm werden. Sie sagten mir vorgestern, daß sie baldt
weg würden. Lenor ist noch nicht hir, wirdt aber nun baldt
kommen. Die mißheüraht verdrießen mich immer, ist unßern Teütschen
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recht schimpfflich; den sie hatten daß über andere nationen, ihre
heüßer pur zu behalten, undt, gott verzeye mirs, ich glaube, ich
vergebe einer damen er 10 galants, alß einen mißheüraht.
Hirmitt ist Ewer zweytes schreiben auch vollig beantwortet undt die
zeit kompt heran, daß ich weg muß, kan derowegen nichts mehr
sagen, alß daß ich Eüch ambrassire undt recht lieb habe.