Seitenbanner

Brief vom 15. Juli 1701

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


133.


[229]

A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 15 Julli 1701.
Hertzliebe Louisse heütte ist es erst 8 tag, daß mich daß fieber quittirt hatt; habe nach meinem unglück noch 18 acces vom fieber bekommen, hoffte schir, daß mein ellendes leben einmahl endigen würde. Es ist aber gottes wille nicht geweßen, bin ohne remedien courirt. Es ist mir aber noch eine gar große mattigkeit geblieben undt schwachheit in den schencklen, welches mir gar spanisch vorkompt; den niemandts ahm hoff ist, so beßer gehen konte, alß ich; aber nun wirdts woll mitt auß sein; den in meinem alter kompt man selten wider zu kräfften. Meine letzte kranckheit ist schuldig, daß ich Eüch, liebe Louisse, nicht eher auff Euere schreiben geantwortet habe. Wen man 8 wochen kranck ist undt 28 acces vom fieber gehabt hatt, ist man unerhört schwach, 14 accessen von 3tagigen, 7 vom continuirlichen fieber undt 7 alle tag. Waß ich glaube, daß mir noch so wehe in den schenckelen thut, ist, daß der abscheüliche schrecken, so mir Monsieur s. so schleüniger todtesfall verursachet, in den schenckeln gefallen, welche mir 24 stundt gezittert haben, alß wen man im stärcksten frost vom fieber ligt. Man kont auch nichts erschrecklichers sehen; umb 9 abendts geht Monsieur in voller gesundtheit lustig undt lachendt auß meiner cammer, umb halb 10 rufft man mir, da finde ich I. L. s. schon ohne sprach, kandte [mich] doch noch undt sagte etlich wort mitt großer mühe. Die gantze nacht biß andern morgen umb 6 bracht ich da zu, biß gar kein hoffnung mehr wahr; da wurde ich wie ohnmächtig undt man trug mich weg. Ich bin Eüch [230] sehr verobligirt, liebe Louisse, vor allen part, so Ihr in mein unglück genohmen, welches woll abscheulich ist, undt dancke auch vor alle gutte wünsche. Ich bitte Eüch, last doch I. M. der verwitibten königin von Denemarck wißen, daß ich sehr touchirt bin, daß I. M. mir die gnade gethan, meiner in meinem unglück zu gedencken! sage auch demütigen danck davor undt wünsche von hertzen, daß I. M. allezeit vor allem unglück undt betrübtnuß mögen befreyet bleiben. Die königin hatt Eüch tractirt, wie Ihr es überall soltet sein, undt es ist ridicul von der churfürstin zu Pfaltz, daß sie es nicht thut. Ich glaube, mein großer schrecken hatt mir vor 4 tagen daß fieber auffgehalten; den nach dem ist es ärger kommen, alß vorhin. Ich glaube, liebe Louisse, daß Ihr mich woll lieb genung habt, umb mir einen großen dinst zu erweißen, welcher were, Eüch unter der handt zu erkundigen, wem Moras seine descharge geben von waß er vor mich in der Pfaltz entpfangen, undt selbigem menschen zu bitten, Eüch eine copie davon zu geben, undt mir es zu schicken; den daß wirdt mir sehr nöhtig sein in meinen affairen mitt meinem sohn. Der könig thut mir viel gnaden seyder meinem unglück; von seinen gnaden werde ich hinfüro bloß leben müßen undt ist Amelisse woll übel bericht geweßen, daß ich so woll versorgt solle sein; weillen aber lamantiren meine sach gantz undt gar nicht ist, so will ich hirvon schweygen, nur daß sagen, daß es mir deß jahrs ahn 80000 francken fehlen wirdt, daß mein hauß nicht haben kan, waß nöhtig, will geschweygen, daß[1] waß zu meiner lust oder vergnügen überbleiben solte. Daher secht Ihr, wie glücklich ich hinfüro sein werde, aber genung hirmitt von dießen verdrießlichen sachen; den davon zu reden macht nur trawerig undt hilfft zu nichts. Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt werde Eüch allezeit von hertzen lieb behalten.
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 15. Juli 1701 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 229–230
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0133.html
Änderungsstand:
Tintenfass