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A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 15 Julli 1701.
Hertzliebe Louisse heütte ist es erst 8 tag, daß mich daß
fieber quittirt hatt; habe nach meinem unglück noch 18 acces vom
fieber bekommen, hoffte schir, daß mein ellendes leben einmahl
endigen würde. Es ist aber gottes wille nicht geweßen, bin ohne
remedien courirt. Es ist mir aber noch eine gar große mattigkeit
geblieben undt schwachheit in den schencklen, welches mir gar
spanisch vorkompt; den niemandts ahm hoff ist, so beßer gehen
konte, alß ich; aber nun wirdts woll mitt auß sein; den in meinem
alter kompt man selten wider zu kräfften. Meine letzte kranckheit
ist schuldig, daß ich Eüch, liebe Louisse, nicht eher auff Euere
schreiben geantwortet habe. Wen man 8 wochen kranck ist undt
28 acces vom fieber gehabt hatt, ist man unerhört schwach, 14
accessen von 3tagigen, 7 vom continuirlichen fieber undt 7 alle
tag. Waß ich glaube, daß mir noch so wehe in den
schenckelen thut, ist, daß der abscheüliche schrecken, so mir Monsieur s.
so schleüniger todtesfall verursachet, in den schenckeln gefallen,
welche mir 24 stundt gezittert haben, alß wen man im stärcksten
frost vom fieber ligt. Man kont auch nichts erschrecklichers sehen;
umb 9 abendts geht Monsieur in voller gesundtheit lustig undt
lachendt auß meiner cammer, umb halb 10 rufft man mir, da finde
ich I. L. s. schon ohne sprach, kandte [mich] doch noch undt sagte
etlich wort mitt großer mühe. Die gantze nacht biß andern morgen
umb 6 bracht ich da zu, biß gar kein hoffnung mehr wahr; da
wurde ich wie ohnmächtig undt man trug mich weg. Ich bin Eüch
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sehr verobligirt, liebe Louisse, vor allen part, so Ihr in mein
unglück genohmen, welches woll abscheulich ist, undt dancke auch
vor alle gutte wünsche. Ich bitte Eüch, last doch I. M. der
verwitibten königin von Denemarck wißen, daß ich sehr touchirt bin,
daß I. M. mir die gnade gethan, meiner in meinem unglück zu
gedencken! sage auch demütigen danck davor undt wünsche von
hertzen, daß I. M. allezeit vor allem unglück undt betrübtnuß mögen
befreyet bleiben. Die königin hatt Eüch tractirt, wie Ihr es überall
soltet sein, undt es ist ridicul von der churfürstin zu Pfaltz, daß
sie es nicht thut. Ich glaube, mein großer schrecken hatt mir vor
4 tagen daß fieber auffgehalten; den nach dem ist es ärger
kommen, alß vorhin. Ich glaube, liebe Louisse, daß Ihr mich woll
lieb genung habt, umb mir einen großen dinst zu erweißen, welcher
were, Eüch unter der handt zu erkundigen, wem Moras seine
descharge geben von waß er vor mich in der Pfaltz entpfangen, undt
selbigem menschen zu bitten, Eüch eine copie davon zu geben, undt
mir es zu schicken; den daß wirdt mir sehr nöhtig sein in meinen
affairen mitt meinem sohn. Der könig thut mir viel gnaden seyder
meinem unglück; von seinen gnaden werde ich hinfüro bloß leben
müßen undt ist Amelisse woll übel bericht geweßen, daß ich so
woll versorgt solle sein; weillen aber lamantiren meine sach gantz
undt gar nicht ist, so will ich hirvon schweygen, nur daß sagen,
daß es mir deß jahrs ahn 80000 francken fehlen wirdt, daß mein
hauß nicht haben kan, waß nöhtig, will geschweygen, daß
[1] waß zu
meiner lust oder vergnügen überbleiben solte. Daher secht Ihr, wie
glücklich ich hinfüro sein werde, aber genung hirmitt von dießen
verdrießlichen sachen; den davon zu reden macht nur trawerig
undt hilfft zu nichts. Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire Eüch
von hertzen undt werde Eüch allezeit von hertzen lieb behalten.