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Brief vom 11. August 1701

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


136.


[233]
Marly den 11 Augusti 1701.
Hertzliebe Louisse, vor etlichen tagen habe ich Eweren lieben brieff vom 28 Julli zu recht entpfangen. Meine gesundtheit ist nun wider gutt, habe nur ein wenig husten, so mehr eine scharpffe pituitte, alß rechter husten, ist; wolte lieber einen rechten husten haben, wehre er zu couriren; jedoch so hoffe ich, daß dieß auch nicht gar lang mehr wehren wirdt. Meine kräfften seindt widerkommen, aber mein miltz plagt mich noch offt. Ma tante, die fraw churfürstin, ist, gott sey danck, viel gesunder undt stärcker, alß ich bin; glaube nicht, daß ich in ihrem alter kommen werde. Ich brauche gantz undt gar nichts mehr. Daß englische pulver ist mir sehr woll bekommen, habe es offtermahlen in meinem fieber gebraucht; kein gerstenschleim konte ich drincken, daß were mir ohnmöglich; fasten aber kan ich braff. Es seindt gar viel leütte jetzt kranck. Die duchesse de Bourgogne were gestern schir gestorben undt hatt man ihres endts erwahrt, ist aber nun, gott lob, außer gefahr. Sie hatt ein continuirlich fieber sehr starck mitt redoublementen seyder vergangen sontag. Dinstags abendts, dinstags alß vorgestern, ließ man I. L. zum ersten mahl von ihrem leben zur ader; gleich drauff kamme I. L. wie eine schlaffsucht ahn, undt wen man sie erweckte, schlug sie umb sich undt kente [keinen] [234] menschen mehr. Daß hatt so die gantze nacht gewehrt, daß man nur ihr endt erwahrt; morgendts hatt man ihr 2mahl nach einander l’emetique geben, da ist sie wider zu sich selber kommen undt hatt unß alle wider gekent. Daß redoublement ist nicht gekommen, ist also nun außer gefahr; hatt doch noch ein wenig daß fieber. Ihr herr, der duc de Bourgogne, wolte verzweyfflen, wie sie so übel war; hatt mich woll von hertzen gejammert, habe braff mitt ihm geweint; den daß hatt mich meines unglücks wider gantz erinert. Ich weiß nicht, wo her Obrecht die falsche zeittung von meinem wittumb auffgefischt hatt. Hatt der gutte man vielleicht gefabelt, wie er es geschrieben? Den er ist auch todtkranck, welches mir sehr leydt ist. Ich habe mir nie einbilden können, daß ich eine wittib werden solte; den Monsieur s. war viel starcker undt gesunder, alß ich, habe also nie daß gebett gethan, so Ihr thut undt welches mir doch hoch nöhtig geweßen were; bin Eüch sehr verobligirt, liebe Louisse, daß Ihr vor mich betten wolt, halte viel auff ehrlicher leütte gebett. Freüden kan ich wenig in dießer welt genießen, würde content sein, wen nur keine neüe plagen kommen solten. Ich bin fro, daß I. M. die königin in Denemarck meine demütige dancksagung noch vor dero ruckreiße endtpfangen. Mein gott, wie glücklich finde ich dieße königin, ihren herrn bruder noch zu haben undt ihn undt seine gantze famille zu sehen können! Die descharge von Moras muß woll ein art von inventary sein. Abé Thesut war vielleicht schon nach Rom vereyst, wie Ewer schreiben ahn ihm hir ahnkommen, hatt also nicht andtwortten können. Ihr habt woll gethan, keinen expressen weg zu schicken; den daß hette Eüch unkosten gemacht undt die sach pressirt eben nicht so gar sehr. So offt ich bey Monsieur s. lebzeitten ein inventarium begehrt von waß monsieur de Moras mittgebracht, hatt man mirs allezeit abgeschlagen. Ich sehe auch nun nur gar zu woll, warumb es geschehen. Ich bin fro, zu vernehmen, daß herr Ferdinant von Degenfelt noch in gutter gesundtheit ist undt sich meiner noch erinert, auch mittleyden mitt mir gehabt hatt; bitte, Ihr wollet ihm doch von meinetwegen sehr dancken vor sein christliches mittleyden. Freylich hette ich trewe leütte von nöhten, allein bey mir steht es nicht, leütte ahnzunehmen; den der könig hatt mir auß seinem raht einen man geben, so vor mich sorgen soll. Der frantzösche gesante wirdt den Reyer in der Schweitz nicht [235] examiniren, der könig befehls in den, undt in solchem detail kan sich der könig nicht einlaßen. Baron Bar hatt nie nichts sagen wollen. Abbé Thessut hatt sein bests dabey gethan, aber nie nichts auß ihm kriegen können; daß weist woll, daß Churpfaltz nicht will, daß er sprechen soll. Der abbé hatt Eüch vielleicht nicht auff dießen text geantwortet, weillen er die sach schon unverichter sachen propirt hatt. Sonsten schreibt Ihr gutt genung auff frantzösch; den ich habe von Eweren brieffen gesehen. Wie man Eüch gesagt, daß die orleanische gelder gelieffert wahren, hatt man sie blat abgeschlagen; seyder dem man aber gesehen, daß der könig die sach in ernst niembt undt exequiren will, hatt mans hergeben. Ich werde aber nicht reicher davon werden; den es nur helffen wirdt, just mein hauß undt staadt zu erhalten, aber in meinen händen wirdt nichts davon kommen. Hirmitt habe ich gar exact auff Ewer schreiben geantwortet, liebe Louisse, undt weillen wir itzunder den englischen hoff hir erwartten, werde ich Eüch vor dißmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 11. August 1701 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 233–235
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0136.html
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