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A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Fontainebleau den 4 Novembris 1701.
Hertzliebe Amelise, gestern habe ich auff Louisse brieff
geantwordet undt heütte werde ich auff die Ewere antwordten, so vom
15 undt 28 October sein. Es ist war, daß ich ein zeithero von
gar ernstlichen undt recht langweilligen sachen mitt Louise habe
sprechen müßen, welches mir leydt genung. Ich habe hoch von
nöhten, daß man mich lachen macht; den diß wirdt sehr rar bey
mir. Ma tante, die fraw churfürstin von Braunsweig, hatt mir, es
ist noch nicht lang, eine von den pasquilles geschickt auff den
ittallienischen krieg, welche mich hatt lachen machen; den es ist
so perfect geschrieben, wie die Frantzosen alle teütsch reden, daß
mans nicht ohne lachen leßen kan. Den jungen vettern, so Ihr in
Ittallien alß volontaire habt, ist er des obersten Degenfelts sohn,
oder deß baron Hanibals? Den ich glaube, daß dießer auch
geheüraht worden. Kompt herr Ferdinand den gar nicht mehr in
Teütschlandt? Er muß doch auch jetzt nicht gar jung mehr sein. Ich bitt,
wen Ihr ihm schreibt, so grüst ihn doch von meinetwegen undt
klagt ihm auch daß leydt wegen seiner schwester, die fraw von
Brun, welche mich warlich recht gejammert hatt! Ich fürchte, zu
kunfftig jahr werdet Ihr den krieg näher haben, alß in Ittallien.
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Wer in dießem landt nicht spilt, muß all sein leben die parthey
nehmen, nicht hinter dem offen zu sitzen (den es seindt keine offen
hir im landt), aber woll camin; dahinter sitzt man, gantz einsam
undt allein, undt wer es noch waß, wen man artige rätzelger hören
könte. Bißher haben wir hir daß schönste wetter von der welt
gehabt; ich habe es mir auch braff zu nutz gemacht, bin alle tag
im walt spatziren gangen. Weillen ich nicht weiß, waß man alß
im herbst thut, noch wie man sich dort divertirt, so kan ich nicht
sagen, ob es mir gefallen könte oder nicht. Viel trauben eßen
gereütt man etlich mahl, wen man einen braffen tribsdrill bekompt,
welches schir allemahl geschicht, wen man zu viel trauben frist.
Diß jahr ist dieße kranckheit sehr gefährlich undt wirdt leicht eine
rotte ruhr drauß; es seindt unerhört viel leütte ahn der ruhr diß
jahr hir in Franckreich gestorben. Hiemitt ist Ewer erstes
schreiben, liebe Amelisse, vollich beantwortet; ich komme jetzt auff daß
zweyte vom 28 October. Ich bin Eüch sehr verobligirt, liebe
Amellisse, Eüch so sehr über meine, gott seye danck, perfecte
gesundtheit zu erfrewen. Der könig continuirt, mir große gnadt zu
erweißen. Den gutten wunsch, so Ihr thut, daß gott deß königs
hertz regiren möge, damitt ich noch ferner vergnügt leben möge,
meritirt noch eine absonderliche dancksagung. Wen man so alt ist,
alß ich bin, vergeht alle lust von sich selber; den man wirdt alles
müht, aber gridtlich zu sein, kan man sich woll endtwehren. Es
ist woll gewiß, daß große trawerigkeit sterben macht; hirin hatt
der könig Salomon groß recht. Meint Ihr, liebe Amelisse, daß ich
die bibel nicht mehr leße, weillen ich hir bin? Ich leße alle morgen
3 capittel. Ihr müst nicht meinen, daß die frantzösche catholischen
so alber sein wie die teütschen catholischen; es ist gantz eine
andere sach mitt, schir alß wens eine andere religion were. Es lest
hir die heylige schriefft, wer will; man ist auch nicht obligirt, ahn
bagatellen undt abgeschmackte miracle zu glauben. Man helt hir
den papst nicht vor unfehlbar; wie er monsieur de Lavardin zu
Rom excomunicirte, hatt man hir nur drüber gelacht. Man bett
ihn nicht ahn, man helt nichts auff wallfahrten undt hundert
dergleichen, worinen man im landt gantz different von den teütschen
catholischen ist, wie auch von den Spaniern undt Ittallienern. Ich
komme aber wider auff waß Ihr von der melancoley sagt. Es ist
nur gar zu war, daß die trawerigkeit zu nichts nutz ist; allein es
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stehet nicht allezeit bey unß, lustig oder trawerig zu sein, undt es
ist schwer, lustig zu sein, wen man sein leben einsam zubringen
muß, nichts hatt, so einem eygendtlich erfrewen kan, undt in der
that manche trawerige sachen auff dem hals hatt. Die lust runtzelt
eben so sehr, alß der chagrin, undt wen man offt in die son undt in
den windt geht, runtzelt man ohnfehlbar; daß lachen runtzelt eben
so sehr, alß daß weinen. Ich finde die glücklich, so affairen
verstehen können; mir seindts lautter spanische dörffer. Die menage
begreiff ich auch gar übel, komme spät dazu, etwaß zu lernen,
doch werde ich es so gutt machen, alß ich kan. Ewer hauß wirdt
eher in richtigkeit gebracht werden, alß daß meine; den Ihr gar
gewiß weniger leütte zu versorgen habt, alß ich; aber genung
hirmitt von dießen verdrießlichen sachen; den alle affairen, wie sie
auch sein mögen, kommen mir verdrießlich undt langweillig vor.
Ich versichere Eüch, liebe Amelisse, daß ich gantz undt gar keine
ambition habe undt nichts weniger wünschte, alß königin zu sein.
Je höher man ist, je gezwungener muß man leben, undt wehre die
stelle von Madame eine charge, so man verkauffen könte, hette ich
es lengst gar wollfeill weg geben, will geschweygen den, daß ich
eine königin zu sein wünschen solte. Die princes von Savoye
kompt nicht unschuldig zum königreich; sie ist ja von dem rechten
stoff, da man die königinen von macht, undt von vatter- undt
mutterseytten nichts ahn ihr zu tadlen. Sie ist Monsieur s. enckel,
aber die meine nicht, wie Ihr woll wist; aber daß gutte kindt
schreibt mir mitt solcher amitié, alß wen sie in der that mein
enckel were. Daß kompt, weillen ihr fraw mutter kaum zwey jahr
alt war, wie ich in Franckreich kamme, wuste also nichts von ihre
eygene fraw mutter, hatt mich also so lieb bekomme, alß wen sie
mein leiblich kindt wehre. Ich habe die gutte hertzogin auch von
hertzen lieb undt mache keinen großen unterschiedt unter meinen
kindern undt I. L. Die hatt ihrer fraw dochter, der königin, dießes
eingepregt, daß sie mich lieb haben solle. Die wir hir haben, ist zu
jung von ihrer fraw mutter kommen, hatt also ihre sentiementen
nicht. Die junge königin thut ihr reiße zu landt. Der könig in
Spanien undt seine gemahlin seindt freylich junge eheleütte, sie
machen nur 31 jahr zusamen; den der könig wirdt dießen December
18 jahr alt werden undt die königin ist 13 jahr alt seyder dem
September. Daß zwey bruder zwey schwestem nehmen, ist nirgendts
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verbotten, aber woll, daß man zwey bruder oder zwey schwestern
nach einander nimbt. Engellandt ist gar nicht ihr weg, weder zu waßer
noch zu landt, geweßen. Man sagt hir, könig Wilhelm hette die
waßersucht undt seye todtkranck; ich werde es aber nicht glauben,
biß ichs anderwerts her erfahre. Es were schadt, daß so ein
verständiger könig so wenig leben solte. Waß man ihm aber
beschuldiget, ist nur gar zu war. Alle junge Engelländer, so mitt
mylord Portlandt ambassade herkammen, alß sie sahen, daß es zu
Paris eben zugeht wie bey ihrem hoff, haben sie keine scheü gehabt,
alles gantz natürlich zu verzehlen, wie es hergeht. Solle von dem
Albemarle verliebt gewest sein wie von einer damen undt ihm die
händt vor alle menschen geküst haben. Daß große zeichen noch,
daß dießer könig verliebt von jungen mänern ist, ist, daß er nichts
nach weiber fragt; den glaubt mir, liebe Amelisse! die mäner seindt
so, sie müßen eines oder daß andere lieben. König Carl s. hatt
allein die weiber geliebt. Es seindt aber noch vielle, die beyde
lieben; deren findt man hir gar viel undt mehr, alß von denen, so
nur von eine inclination sein. König Carl ist nicht verliebt von
madame Mazarin geweßen, sondern von madame de Portsmuth undt
von einer commediantin. Die mäner glauben, die weiber können
nicht sein, ohne waß zu lieben, weillen sie selber so sein; drumb
muß man ihnen dieße fragen zu gutt halten. Ich glaube, daß lieben
oder nicht lieben nicht allerdings bey unß stehet, aber die haben
gott zu dancken, denen er hirinen einen ruhigen sinn gibt undt vor
solch unglück bewahrt, so taußendt andere unglück nach sich zicht.
Drumb muß man mittleyden mitt denen haben, welche gott in solch
unglück fallen lest, undt ihn fleißig bitten, unß davor gnädig zu
bewahren. Ewer art von schreiben, liebe Amelisse, gefehlt mir recht
woll undt bin gar content darvon. Carl Moritz machts nun auch
beßer, alß er ahnfangs gethan, bin woll mitt seinem letztem brieff
zufrieden geweßen. Complimenten seindt gutt vor leütte, so man
nicht kenen will undt welchen man nicht lieb haben will undt also
nichts anderst zu sagen hatt; die speist man mitt einem compliment
ab, aber die man lieb hatt, denen sagt man, waß man denckt, wie
wir jetzt thun. Ma tante hatt mir von Carl Moritz reverentzen
geschrieben. Glaubt nicht, liebe Amelisse, daß Ihr mir nie zu frey
schreiben könt! Wir seindt einander ja zu nahe, umb die façon zu
machen. Wir haben gar nichts neües hir, werden in 10 tagen
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wider nach Versaille, sage Eüch also adieu von Fontainebleau. Ich
muß heütte noch ahn mein dochter undt sonsten ahn jemandes von
meinem leütten nach Paris schreiben, kan Eüch derowegen nichts
mehr sage, alß daß ich Eüch undt Ewere geschwister von hertzen
lieb habe.