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Brief vom 16. Februar 1702

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


154.


[266]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Meudon den 16 Februari 1702.
Hertzliebe Louisse, es ist schon lang, daß ich Ewer schreiben vom 14 Januar entpfangen habe, aber ohnmöglich eher, alß nun, drauff antworten können; den ich bin 14 tag lang recht accablirt [267] mitt affairen geweßen. Erstlich die mitt meinem sohn, welche, gott lob, nun beynahe zum endt sein; darnach auch habe ich viel zu thun gehabt, mich nach der hießigen moden zu richten undt meine freüllen abzuschaffen undt ihnen, weillen sie die letzten seindt, so mir auffgewahrt, pensionen zu geben. Ich bin fro, daß Ihr Eüch zu Homburg so lustig gemacht habt undt woll seydt endtpfangen worden. Die hochzeitten ohne ceremonien da kan man sich doch woll lustig bey machen. Amelisse hatt woll gethan, braff mitt herumbzuspringen. Wen Ihr, liebe Louisse, nun schon den freüden absagen wolt undt Eüch vor alt halten, waß werdet Ihr den erst thun, wen Ihr von meinem alter sein werdet? Ich bin verwundert, daß noch ein ledig freüllen von Lewenstein ist; ich meinte, sie wehren alle geheüraht. So viel gutte ehen, alß Ihr mir da schreibt, wirdt man, wie ich glaube, nicht in gantz Franckreich finden. Daß man einander von hertzen lieb hatt, wen man geheüraht ist, daß aprobire ich sehr, aber nicht, daß man sich vor die leütte caressirt; daß choquirte mich sehr, wen ichs sehen solte. Ich habe vor dießen alß ein sprichwort hören sagen, so Eüch die bewunderung benehmen solte, daß man heßliche personnen lieb kan haben; man sagt: Die liebe ist wie der thau; sie felt so baldt auff einen kühefladen, alß auff ein roßenbladt. Die leütte, so die jagt lieben, fragen wenig nach butzen. Wen mein bett schon wie madame d’Orleans ihres gebrent hette, so soltet Ihr doch nicht wegen meines schrecken in sorgen gewest [sein]; den ich erschrecke gar selten. Ich bin gar woll mitt Madame ohne weittern tittel zufrieden; den ich führe ihn allein. Die fürstin von Siegen hatt gar woll zu Paris gefallen. Wen Ihr wie die fraw raugräffin seidt, so müst Ihr gar groß sein; den sie ware es. Baß Amelie war nicht klein; seydt Ihr großer, alß sie, so müst Ihr groß sein. Ich bin klein, trag aber die schuhe gantz blat. Ich bin fro, daß Amelise wider so gesundt ist. Ich dancke Eüch sehr vor Ewerm neüjahrswunsch undt wünsche Eüch alleß, waß Ewer hertz begehrt. Ich werde meine brieff ahn Eüch undt Amelisse in ma tante paquet thun, wünsche, daß Ihr Eüch woll zu Hannover divertiren moget dießen carnaval. Meiner amen dochter, die Suzon, ist nach Cassel; ich habe ihr brieff vor Eüch beyden mittgeben, allein sie wirdt Eüch, wie ich glaube, nicht zu Franckfort finden. Es ist ein geringer verlust, daß Ihr die brieffe nicht bekompt, die Eüch doch sowoll, alß dieße [268] versichern solle, daß ich Eüch, liebe Louisse, allezeit lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 16. Februar 1702 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 266–268
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0154.html
Änderungsstand:
Tintenfass