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Brief vom 8. April 1702

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


163.


[276]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Meudon den 8 Aprill 1702.
Hertzliebe Louisse, es ist zwar schon über 14 tagen, daß ich Ewer liebes schreiben von Zelle vom 16 Mertz zu recht entpfangen habe; es ist mir aber ohnmöglich geweßen, eher, alß nun, drauff zu antwortten. Worumb meint Ihr, liebe Louisse, daß Ihr mir zu offt mitt Ewerem schreiben kompt? Den ich bin allezeit fro, wen ich zeittung von Eüch undt Amellisse habe, dürfft also gar nicht fürchten, zu offt zu schreiben. Gestern entpfunge ich einen brieff von ma tante. I. L. hatten den 31 noch den husten, welches mir sehr mißfehlt; den ich sorge, daß, weillen daß wetter bißher zu Hannover eben wie hir geweßen, daß jetzt die grimmiche kälte dortten wie hir wirdt eingefallen sein, so seyder 4 tagen ist. Alle weingartten sollen erfroren sein undt alles obst zu schanden gangen sein. Es kombt einem nun desto unahngenehmer vor, weillen wir lenger alß 14 tag daß schönste frühlingswetter von der welt gehabt haben, recht warm, wie zu endt deß Mayen; undt auff einen stutz kompt ein rauer windt; der bringt eine solche kälte mitt sich, daß man nicht dawern kan, undt es hagelt undt schneyet alle augenblick; fürchte also sehr, daß dieß böße wetter ma tante, der fraw churfürstin, hüsten vermehren undt lenger wirdt dawern machen. Ma tante scheindt sehr touchirt zu sein von deß königs in Engellandt todt, welcher jederman mehr verwundert hatt; allein mich deücht, es ist mehr zu verwundern, daß er so lang hatt leben können, so krancklich, wie I. M. s. wahren. Der gutte hertzog von Zelle wirdt auch woll betrübt über dießen todtsfall sein; den er hatte dießen [277] könig hertzlich lieb. Beym hertzog von Zelle undt ma tante kan man sagen, wie im alten sprichwort: Alte liebe rostet nicht. Dießer hertzog ist woll der beste herr von der welt. Ich habe ihn recht lieb, aber seine gemahlin kan ich nicht estimiren. Es ist immer schadt, daß der herr so mißheüraht, undt ich kan [nicht] leyden, daß ein solcher hertzog eine gemahlin hatt, die sich glücklich hir geschätzt hette undt allen ihren möglichsten fleiß ahngewendt hatte, umb einen von Monsieur s. ersten cammerdinnern zu heürahten, dessen sohn noch in meinen dinsten ist. Es ist ein zeichen von der königin in Preussen gutt naturel, daß sie die hohen ihrigen so ungern quittirt hatt. Wie ich auch von ihrem hoff höre, muß es doll dort hergehen. Ich bin fro, daß dieße königin Eüch undt Amelisse so gnädig ist. Es ist leicht zu glauben, daß daß tantzen auffgehört hatt, wie die königin weg ist. In meinem sin hatt Ewer schwager auff alle weiße eine große thorheit gethan, sich ahn ein jung metgen von 17 jahren zu heürahten; ich glaube, es wirdt beyden gerewen. Caroline kinder jammern mich recht deßwegen; den daß wirdt die arme kinder unglücklich machen; den es ist nicht zu glauben, daß dießen armen kindern kein tord geschehen wirdt, undt ich fürchte, daß alle processen, so Eüch so viel kosten, frembten kindern zu nutz werden können undt Ewerer schwester kinder nicht. Drumb wen Ewer schwager will, daß Ihr Eüch der sachen weytter ahnnehmen solt, so soltet Ihr ihn persuadiren, daß er dießen armen ersten kindern waß gewißes versichert undt Ihr also gewiß sein möget, daß Ewere mühe woll ahngewendt ist. Wir haben jetzt nichts neües hir, schließe also nur mitt meiner ordinarie versicherung, daß ich Eüch von hertzen lieb habe.
Elisabeth. Charlotte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. April 1702 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 276–277
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0163.html
Änderungsstand:
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