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Brief vom 29. September 1702

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


180.


[308]
Fontainebleau den 29 Septembris 1702.
Hertzliebe Louisse, ich glaube, daß Lutzifer expresse teüffelger [309] bestehlt, ahn schreiben zu verhindern, umb die leütte braff doll zu machen; den bißher ist es mir durchauß ohnmöglich geweßen, ahn Eüch noch ahn Amelisse zu schreiben, noch auff Ewere zwey liebe brieffe vom 2 September undt 10 August zu andtworten. Heütte aber habe ich mir fest vorgenohmen, daß mich nichts dran hindern solle, undt umb Eüch zu erweißen, wie fest ich es vorgenohmen habe, so schreibe ich Eüch nun; ob zwar eine duchesse kommen, mich zu besuchen, so schreib ich doch immer fort, umb den wehrteüffel auch einmahl doll zu machen. Ich komme auff Ewere schreiben. Ihr embrouillirt immer meines sohns gemahlin mitt mich wegen den nahmen, so sie nun führt, von duchesse d’Orleans. Ich bins nur, wen man Madame sagt. Die duchesse d’Orleans ist allezeit meines sohn gemahlin, dieße ist zu St Clou bey 3 wochen geweßen mitt ihrem herrn, mitt der großhertzogin undt sonst noch viellen damen. Ich habe sie nur einen nachmittag besucht; es erneüerte mir aber so erschrecklich daß abscheüliche spectacle, so ich dortten vorm jahr gesehen, daß ich ohnmöglich dort bleiben könte. Seyder meiner letzten kranckheit, die ich Eüch berichtet, bin ich nicht kranck geweßen. Von monsieur de Varene werde ich nichts sagen. Ich glaube, daß er daß Teütsche wunderlich außspricht; den unter hundert Frantzoßen findt man kaum einen, so man auff teütsch verstehen kan, undt meinen alle, sie könnens perfect. Von Landau sage ich nichts mehr; daß ist. Nettancour ist es woll bekommen, daß sein regiement in Landau geweßen; den sie haben ihn nehmblich ihren obersten loß gebetten. Die römische königin hatt noch ursach, in neüen sorgen zu sein, weillen der römische könig, wie man sagt, dem churfürsten von Bayren endtgegen geht. Weillen ma tante, die fraw churfürstin, nichts mehr von ihrer reiß spricht, glaube ich nicht, daß I. L. nach Heydelberg werden. Weillen Ihr von Ewern lehen noch in Ewern 2ten brieff sprecht, will ich es biß da versparen. Wie ich zuvor ahn dießem ort von meinem brieff ware, kamme man mir sagen, daß die kutzschen kommen wahren, habe im waldt spatziren fahren wollen, wie ich allezeit thue. Wir seindt aber kaum nauß gekommen, so hatt unß der kutzscher über undt über geworffen. Eine von meinen damens ist daß gebrochene glaß in die axel kommen undt hatt ihr die axel in 2 orten ein fingersbreydt auffgeschnitten, sie hatt auch einen kleinen schnit in den backen. Ich hatte 7 hundt in der [310] kutzschen, keinen eintzigen ist nicht daß geringst leydt widerfahren. Ich komme jetzt auff Ewer schreiben vom 2 dießes monts. Ich fürchte, liebe Louisse, daß der leydige krieg alles wider verderben wirdt, waß Ewere bawern seyder 15 jahren wider gutt gemacht haben; den die durchmarchen können nie nichts guts thun. Ihr macht mir gar ein avantageux portrait vom jungen herrn von Degenfelt; den Carllutz war gar nicht heßlich, undt hübschr, alß er, muß gar waß hübsches sein. Amelisse schreibt mir in ihrem letztem brieff, daß sie hoffnung hatt, daß Ihr Ewer lehen widerbekommen werdet. Ich glaube, daß daß teüffelgen, wovon ich zuvor gesprochen, unß hatt umbwerffen machen; den seyder ich wider habe fortschreiben wollen, ist der könig zu mir kommen, weillen er vernohmen, waß unß begegnet ist, hernach die duchesse de Bourgogne, hernach princesse de Conti undt ein par hauffen damen; es ist wie eine procession, muß derowegen wider meinen willen schließen undt vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich [Euch] allezeit lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 29. September 1702 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 308–310
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0180.html
Änderungsstand:
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