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Brief vom 4. März 1703

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


187.


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Versaille den 4 Mertz 1703.
Hertzliebe Amellisse, gestern habe ich Ewern lieben brieff von 17 Februari in ma tante paquet gefunden. Ich hoffe, daß wir durch dieße gelegenheit unßer comerce fortführen können. Wie ich sehe, so macht mans nicht in Teütschlandt wie hir in Franckreich, da alle brieffe auffgemacht undt geleßen werden. Ihr solt Eüch, liebe Amelisse, nicht schämen, Eüch ein wenig verschrieben zu haben; daß geschicht jederman, insonderheit die so geschwindt schreiben. Da ist nur über zu lachen; hette ich gedacht, daß es Eüch beschämen würde, hette ichs Eüch nicht gesagt. Ich schreibe auch immer gar geschwindt undt man verspürts woll in meinen brieffe, ohne daß ich es sage. Hertzogs Christian ahndencken ist mir allemahl sehr ahngenehm. Ich bin fro, daß I. L. zu Franckfort bleiben; den daß ist eine gutte geselschafft vor Louisse undt Eüch. Man muß endtwetter sterben oder alt werden, aber daß solt Ihr Eüch noch nicht beschwehren; da last mich vor sorgen, so nun baldt 51 jahr alt werde sein! Louisse hatte mir nichts von ihre resolution geschrieben. Mich deücht, Louisse ist all gesundt undt fatiguen seindt nicht ungesundt; daß dissipirt die bößen humoren undt ist gesunder, alß ein ruhigers leben; zudem so ists Louissen repetirlicher, in ma tante dinsten zu sein, alß bey der römischen königin, auch gar der keyßerin. Ihr undt Louisse sagt der welt zu geschwindt ab, seydt noch zu jung dazu; daß ist gutt vor ein alt müttergen, wie ich bin. Solte sich Ewer schwager wider heürahten, kamme ihm eine Portugaillen beßer, alß keine andere; den die seindt ahn jaloussen humoren gewont, wie auch eingespert zu sein. Worumb wolt Ihr nicht lieber Ewere niece in Teütschlandt zu Eüch nehmen, alß zu ihr in Engellandt zu ziehen? Ach, mein gott, es ist zu wünschen, daß Louisse lange bey ma tante möge bleiben undt I. L. so lang leben mögten, alß ich es wünsche, allein sie seindt nicht jung mehr. Ewer schreiben ist ortendtlich beantwortet. Dießes ist schon der 5 brieff, den ich heütte schreibe, undt ich habe noch 4 zu schreiben, kan derowegen nichts sagen, alß daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 4. März 1703 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 318–319
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0187.html
Änderungsstand:
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