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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 10 May 1703.
Hertzliebe Louisse, vorgestern habe ich Ewern lieben brieff
vom 24 April in ma tante paquet gefunden, worauß ich sehe, daß
Ihr meine zwey schreiben auff einmahl entpfangen habt; weiß nicht,
wie es kompt, es seye dan, daß ma tante eine post vergeßen,
meine brieffe weg zu [schicken], oder daß, wie offt geschicht, I. L.
vielleicht meine zwey brieff, wo die Ewerige in wahren, auff
einmahl entpfangen hatt. Vor 9 tagen bin ich zu Maubuisson geweßen
undt habe dort mitt ma tante, der fraw abtißin, zu mittag geßen,
habe I. L. in recht gutten standt undt gantz lustig gefunden, seindt
auch nicht mehr so mager, alß sie wahren. Es ist recht zu
verwundern, wie sie sich wider erholt haben; ist doch den 28 Aprill
81 jahr alt worden! Noch jemandts, so zu verwundern ist, wie er
sich bey seinem 83 jahr befindt, daß ist monsieur Polier. Außer
daß seine augbrawen graw geworden, sonsten ist er gantz undt gar
nicht verendert; den er geht noch so strack wie allezeit undt list
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ohne brill, hört auch noch woll, ist in allem, wie wir ihn all unßer
leben gesehen haben. Gott gebe, daß unßere 2 tanten es über die
hundert jahr bringen mögen! Da gehört bey mir kein eydt zu, wen
man mir sagt, daß man gern bey ma tante, die fraw churfürstin,
ist; den daß ich so leicht glauben, daß ich schir allen, so bey
I. L. sein, diß glück undt die gnade mißgönne. Der hannoverische
hoff muß sehr geendert sein; zu meiner [zeit] hette man sich drumb
geschlagen, umb bey der lieben churfürstin zu sein; aber wie ich
jetzt von Teütschlandt reden höre, so muß sich alles überall
geendert haben, seyder ich in Franckreich bin. Daß glaube ich auch
leicht, daß Ihr Eüch auß affection undt nicht auß interesse engagirt
habt; den Ewere reputation ist woll establirt, daß Ihr, liebe
Louisse, genereus seydt. Abbé de Thesseut hatt viel hir davon
gesprochen. Ich bin versichert, daß es Amelisse sehr andt nach
Eüch thun wirdt; aber wen Ihr die handt gutt zum heürahten habt,
soltet Ihr Ewerer schwester so woll einen man schaffen, alß Ewerer
niepce, ich will sagen Ewers schwagers niepce. Wie kompts, daß
Franckfort nun gantz ohne geselschafft? Da müßen die
sawerbrunencouren schuldig ahn sein; den es nun die rechte zeit darvon
wirdt. Es wirdt jetzt von Nurnberg nicht gar sicher reißen sein,
nun Churbayrn undt der marechal de Villar zusamen gestoßen
sein. Der graff undt die gräffin von Leüwenstein werden
schwerlich wider nach Franckfort komen. Mich wundert, daß hertzog
Christian noch nicht in der armée ist. Dem neüen englischen
residenten wirdt bey der einsambkeit zu Franckfort die zeit gar lang
werden. Ich mogte mehr wünschen wegen ma tante, daß man in
Braunsweig lenger lebt, alß in der Pfaltz; aber dem vatterlandt zu
ehren habe ich doch sagen müßen, waß ich selber gesehen. Ich
bin persuadirt, daß der wein gesunder, alß daß bier ist; den nembt
war! leütte; so allezeit bier drincken, stincken eher, alß die, so
wein undt waßer drincken. Die fraw im posthauß macht kein lust,
zu leben wünschen, weillen sie immer weindt. Ich muß heütte noch
2 oder 3 große brieffe schreiben undt ich habe schon 9 blatter ahn
ma tante gantz über undt über geschrieben; muß derowegen
schließen. Ewer brieff, liebe Louisse, ist vollig beantwortet; werde, so
viel mir moglich wirdt sein können, fleißig sein mitt schreiben.
Wir haben hir nichts neües, alß daß die duchesse de Bourgogne
sich blessirt hatt undt umbs kindt kommen. Sie war nur 8 tag
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über ihre zeit, dachte also nicht, schwanger zu sein; sie hatt sich
blessirt, sie weiß selber nicht, wie; den sie ist weder gestolbert
noch gefallen. Ich bilde mir ein, es seye vom starcken fahren; den
die letzte reiß zu Marly haben I. L. in caleschen gar starck
gerent undt den hirsch gejagt. Den 9ten tag drauff hatt sie sich
übel befunden undt groß lendenwehe gehabt undt den 11 ist sie
niederkommen. Adieu, liebe Louisse! Ambrassirt Amelise von
meinetwegen undt seydt versichert, daß ich Eüch allezeit sehr lieb
behalte!
Ich habe der zeit nicht, dießen brieff zu überleßen.
Entschuldigt die fehler!