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Versaille den 7 September 1703.
Hertzliebe Louisse, ich bin zwey mahl auff den todt gelegen.
Man sagt, daß ich dem todt nun entgangen bin. Es ist doch
heütte 22 tag, daß mich daß fieber kein augenblick verlaßen, undt
habe alle abendts umb 5 ein redoublement; aber mein
halßschmertzen ist vorbey, mein durchlauff hatt auffgehort undt geht kein bludt
mehr von mir; habe mitt aderläß undt sonsten bludt, so durch den
nachtstuhl gangen, 28 paletten verlohren, daß matt mich sehr ab.
Ich kan weder wein noch fleisch eßen, noch trincken, habe einen
widerwillen zu allen speißen außer brodt, wovon ich lebe. Man
sagt doch, daß ich außer lebensgefahr bin, aber genung hirvon.
Wie mich hertzog Christian todt zu hertzen gangen, kan ich nicht
außsprechen; aber ma tante setzt mich in erschreckliche sorgen,
den ich kenne sie woll; sie lest sich die helfft nicht mercken, waß
sie schmertzt, undt darnach bricht es durch ohnmacht auß. Umb
gottes willen, liebe Louisse, continuirt, mir fleißig ihren zustandt
zu berichten! Den meine angst vor I. L. ist unaußsprechlich.
Meine schwachheitt erlaubt mir nicht, mehr zu sagen. Adieu, liebe
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Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt werde Eüch biß
ahn mein letzt ende lieb behalten.