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Brief vom 16. August 1704

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


214.


[351]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 16 Augusti 1704.
Hertzliebe Louisse, ich hette gerne ehe auff Ewer schreiben vom 24 Julli geantwortet; allein wir seindt so umbher geschwebt, daß ich ohnmöglich eher, alß heütte, dazu habe gelangen können. Ich bin fro, daß Ihr meine andtwortten entpfangen habt undt nun wider gesundt seydt. Es ist eine ellende sach mitt dem 3tagigen fieber; ich hab es 3 jahr nach einander gehabt, bin also nur gar zu gelehrt in dießem stück. Ihr wer[det] nun woll wißen, daß der churfürst zu Braunsweig Ewer kranckheit auch bekommen, seyder Ihr weg seydt. Eine kreütterbrühe könte ich ohnmöglich nehmen. Ich weiß nicht, ob Ihr Eüch noch erinern könt, daß ich gar kein bouillon noch einige fleischbrühe nehmen kan, ohne mich biß auffs bludt zu übergeben. Habt acht, daß Ihr den magen auch nicht gar zu sehr verkühlt! den daß ist auch gefehrlich. Ma tante, die fraw churfürstin, hatt, gott seye danck, eine gutte undt starcke natur. Der allmachtige erhalte I. L. noch lange jahren dabey! Ich kan mir leicht einbilden, wie ich den churfürsten zu Hannover kene, daß ohne ma tante der hoff nicht ahngenehm sein könte. Man sagt hir, Ewer schwager hette sich nicht mitt den andern generallen in Portugal vergleichen können, seye also wider nach Engellandt geschickt worden. Ich glaube, daß, wie sein humor ist, so würden seine sachen woll nie außgemacht werden, wen Ihr, liebe Louisse, Eüch nicht drin mischte. Mich wundert, daß Ihr Ewere schwester nicht bey Eüch bey hoff haben könt; alle hoffmeisterinen ahn allen hoffen undt die bey weittem Eweres standts nicht sein, ist es erlaubt, von ihren verwanten bey sich zu haben. Ewer rang ist den der nicht alß reichsgräffinen reglirt? Waß kans dan vor difficultetten mitt den ceremonien geben? Es deücht mir, daß es [352] repetirlicher were, daß Amelisse bey Eüch logirte. Die Teütschen haben keinen großen gewin noch vortheil dabey gehabt, die retranchementen in Bayrn zu forciren, den viell hohe undt rechtschaffene leütte geblieben; auff dießer seytten ist kein eintziger mensch von qualitet umbkommen. Ich glaube, es geht mitt dießem krieg, wie daß frantzösche sprichwordt sagt: Bien rira, qui rira le dernier. Es geht ein geschrey, alß wen man von einem 20jährigen stilstandt spräche. Gott gebe, daß es geschehen möge! Den unter der zeit werde ich woll meinen lauff vollendet haben, also keinen krieg mehr zu sehen bekommen. Man lebt hir wie im vollen frieden, man denckt nur, die duchesse de Bourgogne zu erfrewen mitt colationen, pressenten, fewerwerck undt dergleichen. Ich habe ma tante, die fraw churfürstin, eine relation davon gethan. Ich muß noch ahn Amelisse andtwortten undt es ist spätt, will derowegen nur noch sagen, daß ich nun einmahl wider Teütschen hir gesehen habe, einen jungen graffen von Wied, so schön wie eine dame ist, ein oberstleüttenandt, so Salmuth heist (die sein in den pfaltzischen troupen bei Speyger gefangen worden), undt einen Hattenbach von Cassel. Monsieur Hattenbach ist ein rechter gutter feiner mensch; ich mag ihn recht woll leyden. Er scheindt noch auff den rechten alten teütschen schlag zu sein, wie die leütte, so gutt wahren, zu meiner zeit sein geweßen. Adieu, liebe Louisse! Ich muß schließen undt kan nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch allezeit lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 16. August 1704 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 351–352
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0214.html
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