Seitenbanner

Brief vom 15. November 1704

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


219.


[359]
Versaille den 15 November 1704.
Hertzliebe Louise, vor 3 wochen, just den dinstag, wie wir den donnerstag hernach von Fontainebleau auffgebrochen, habe ich abendts umb 9 ein schreiben von Eüch vom 9 October entpfangen undt auch eines von Amelise, beyde von einem datum. Dem mitwog konte ich ohnmöglich andtwortten; den wir thaten noch eine hirschjagt undt abendts muste ich packen, weillen man andern tags weg wurde. Donnerstag fuhren wir nach Seau, da blieben wir freytags; sambstag abendts kammen wir her. Sontag muste ich ahn ma tante, ahn die königin in Spanien undt mein dochter schreiben, auch in kirch gehen, konte also noch nicht andtwortten. Montags kammen mir sonsten viel verhindernüß, dinstag fuhr ich nach Paris zu meinen enckeln undt blieb im opera. Mittwog bekame ich brieff von meinem intendenten, so zu Montargis war, wegen meiner walder undt mein holtz zu verkauften, auch sonsten viel sachen zu schlichten, war gantzen tag in affairen. Donnerstag schrieb ich ahn ma tante undt hatte vissitten, unter andern die princes d’Harcour, so mir 6 oder 7 brieff brachte, die sie wolte, daß ich leßen, ließ mir auch keine ruhe, biß es geschehen; den man hatte sie beschuldiget, ihrem sohn kein gelt geschickt zu haben; darumb wolte sie sich bey mir justificiren; daß werde biß zum nachteßen nicht ohne sehr lange weill. Freitags wahren wir den gantzen tag in der kirch undt abendts zur beicht. Sambstag ging ich zum h. abendtmahl undt wahren wider gar lang in der kirch. Sontag muste ich wider den gantzen tag schreiben, auch wider in kirch. Montag fuhren wir nach Marly, alwo wir biß auff heütigen tag geweßen. Einen tag habe ich zur königin in Engellandt nach St Germain gemüst; dießer hoff ist auch ein tag nach Marly kommen. 4 mahl haben wir den hirsch gejagt, 6 mahl mußick gehabt, habe also ohnmöglich auff Ewere wehrte schreiben andtwortten können eher, alß nun. Ich muß auch noch sagen, daß den donnerstag morgendts, alß ich von Fontainebleau auffgebrochen, habe ich Ewer liebes schreiben vom 2ten October entpfangen. Wo daß aber so lang mag gestochen haben, mag mein gott wißen. Dießes ist nun zu aldt zu beantworten, komme also nur auff daß vom 9 October. Unßere brieffe [360] gehen gar langsam, da ist der leydige krieg ahn schuldig, welcher noch mehr unheill ahnricht. Ich habe heütte ein schreiben von ma tante, der fraw churfürstin, vom 4ten bekommen. I. L. sagen, daß sie den montag hernach von Lutzenburg wider auffbrechen undt in 3 tagen nach der Ghör zu hertzog Görg Wilhelm werden. Es ist mir alß bang, wen ma tante, die fraw churfürstin, die königin, ihre fr. dochter, quittirt; den daß helt hart. Der heüraht mitt der printzes von Ahnspach wirdt woll nicht vor sich gehen; den die printzes kan sich nicht resolviren, catholisch zu werden. Ich habe alleweill Ewer schreiben vom 2ten überleßen. Es muß mir noch eins von den Ewerigen fehlen; den Ihr sagt, ich würde auß Ewerm letzten ersehen haben, daß ma tante zu Lützenburg ist undt die princes von Ahnspach, von welcher Ihr mir kein wort geschrieben habt; also muß daß verlohren sein. Vor seeschlagt danck ich Eüch sehr, die unßere lautt anderst. Ich bin Ewer meinung, daß nichts ist auff ein noch ander seytt verlohren worden, alß viel tapffere leütte. Es ist wahr, daß monsieur de Seppeville sehr fleißig zu mir kompt undt einer von meinen älsten bekanten ist; er ist possirlich, wen er will. Hirmitt ist Ewer schreiben durchauß beantwort, nur noch sagen, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.
P. S.
Sontag den 16 Nouember 1704.
Ich hatte gestern gehofft, auch noch ahn Amelise zu schreiben können, allein die zeit ist mir zu kurtz gefahlen; es kan ohnmoglich dißmahl sein. Ambrassirt sie doch meinetwegen, liebe Louisse! Ich habe auch noch vergeßen, auff monsieur Salmuth zu andtwortten. Er mag nur machen, daß man monsieur de Refuges dochterman herschickt, so bin ich versichert, daß man ihn dießer seytten wirdt vor frey halten undt die mühe nicht geben, wider herzukommen.
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 15. November 1704 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 359–360
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0219.html
Änderungsstand:
Tintenfass