[406]
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Hernhaussen.
Trianon den 23 Julli 1705.
Hertzliebe Louisse, es ist schon 12 tag, daß ich Ewer liebes
schreiben vom 30 Juni entpfangen, aber ohnmöglich drauff
andtwortten können; den zu Marly, wo ich es entpfangen, war gar zu
viel gethuns dißmahl mitt jagten undt musiq, habe auch in der zeit
ein reißgen nach Maubuisson gethan, auch ein tag nach St
Germain, also ohnmöglich schreiben können. Ich habe nichts übels
mehr, bin, gott sey danck, in gar volkommener gesundtheit nun.
Lungensuchtig bin ich gar nicht undt auch kein brustwehe; sie ist
zu breydt, umb schaden zu leyden können. Daß wetter ist
unbeständiger, alß nie; zu Marly war die gröste hitze undt nun seyder
sontag ist es so kalt undt wehet so ein starcker nordwindt, daß
man woll ein fewer im camin leyden könte. Gott seye danck, daß
ma tante rothlauffen so woll abgeloffen, undt erhalte I. L. ferner
noch viel undt lange jahren! Es ist gewiß, daß I. L. ein gutt
temperament haben. Ich mache es wie ma tante, klage nicht, wen ich
kranck bin; habe auch bitter ungern, daß man, nicht gern, daß man
mich fragt
[1], wie mirs ist; den daß macht bludtsungedultig. Mich
wundert, daß man
[2] tante nicht lieber mitt dem
meledy-Kendt-pulver geschwitz hatt, alß mitt einem andern; daß erhitzt nicht,
wie andere sachen auß den apotecken, undt nimbt alles böße vom
hertzen. Ich glaube, daß es ma tante nicht leydt wurde gewest
sein, zu wißen, daß der churfürst, I. L. herr sohn, die sorge vor
[407]
sie gehabt, seinen docktoren von Pirmont zu schicken, so baldt er
erfahren, daß I. L. unpaßlich wahren. Were solches mir geschehen,
würde ich braff gefiltz [haben], nicht, weill man den docktoren
hollen lest, sondern weillen es heimblich geschehen undt wie eine
kleine betriegerey, welche ich nicht vertragen könte. Daß Eüch
bang bey der sach geweßen, kan ich leicht glauben; were mir auch
so geweßen, wen ichs gewust hette; den nichts in dießer weldt ist
mir lieber, alß ma tante; meine kinder undt kindtskinder kommen
da nicht bey. Ich hoffe, daß die gutte lufft undt schönne wetter
ma tante woll bekommen wirdt zu Herrnhaußen. Ich kan mir
leicht einbilden, wie die princes von Hannover lieber zu
Hernhaussen bey ma tante ist, alß allein zu Hannover. Ma tante bekompt
die princes sehr; sie muß verstandt haben, sich so ahn ma tante
zu attachiren; daß ist ihre beste seydt, auch wo sie ahm meisten
ehre von hatt. Hirmitt habe ich Ewer schreiben, liebe Louisse,
exact beantwortet; bleibt mir nichts mehr überig, alß Eüch zu
versichern, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.