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Brief vom 23. Juli 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


259.


[406]

A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Hernhaussen.

Trianon den 23 Julli 1705.
Hertzliebe Louisse, es ist schon 12 tag, daß ich Ewer liebes schreiben vom 30 Juni entpfangen, aber ohnmöglich drauff andtwortten können; den zu Marly, wo ich es entpfangen, war gar zu viel gethuns dißmahl mitt jagten undt musiq, habe auch in der zeit ein reißgen nach Maubuisson gethan, auch ein tag nach St Germain, also ohnmöglich schreiben können. Ich habe nichts übels mehr, bin, gott sey danck, in gar volkommener gesundtheit nun. Lungensuchtig bin ich gar nicht undt auch kein brustwehe; sie ist zu breydt, umb schaden zu leyden können. Daß wetter ist unbeständiger, alß nie; zu Marly war die gröste hitze undt nun seyder sontag ist es so kalt undt wehet so ein starcker nordwindt, daß man woll ein fewer im camin leyden könte. Gott seye danck, daß ma tante rothlauffen so woll abgeloffen, undt erhalte I. L. ferner noch viel undt lange jahren! Es ist gewiß, daß I. L. ein gutt temperament haben. Ich mache es wie ma tante, klage nicht, wen ich kranck bin; habe auch bitter ungern, daß man, nicht gern, daß man mich fragt[1], wie mirs ist; den daß macht bludtsungedultig. Mich wundert, daß man[2] tante nicht lieber mitt dem meledy-Kendt-pulver geschwitz hatt, alß mitt einem andern; daß erhitzt nicht, wie andere sachen auß den apotecken, undt nimbt alles böße vom hertzen. Ich glaube, daß es ma tante nicht leydt wurde gewest sein, zu wißen, daß der churfürst, I. L. herr sohn, die sorge vor [407] sie gehabt, seinen docktoren von Pirmont zu schicken, so baldt er erfahren, daß I. L. unpaßlich wahren. Were solches mir geschehen, würde ich braff gefiltz [haben], nicht, weill man den docktoren hollen lest, sondern weillen es heimblich geschehen undt wie eine kleine betriegerey, welche ich nicht vertragen könte. Daß Eüch bang bey der sach geweßen, kan ich leicht glauben; were mir auch so geweßen, wen ichs gewust hette; den nichts in dießer weldt ist mir lieber, alß ma tante; meine kinder undt kindtskinder kommen da nicht bey. Ich hoffe, daß die gutte lufft undt schönne wetter ma tante woll bekommen wirdt zu Herrnhaußen. Ich kan mir leicht einbilden, wie die princes von Hannover lieber zu Hernhaussen bey ma tante ist, alß allein zu Hannover. Ma tante bekompt die princes sehr; sie muß verstandt haben, sich so ahn ma tante zu attachiren; daß ist ihre beste seydt, auch wo sie ahm meisten ehre von hatt. Hirmitt habe ich Ewer schreiben, liebe Louisse, exact beantwortet; bleibt mir nichts mehr überig, alß Eüch zu versichern, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 23. Juli 1705 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 406–407
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0259.html
Änderungsstand:
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