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Brief vom 31. Dezember 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


287.


[434]

A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den letzten December 1705.
Hertzliebe Amelisse, ich kan mich meiner gesundtheit nicht so woll nun rühmen, alß letztmahl; den mein verstauchter fuß ist gar schlim worden, darff nicht mehr gehen; glaube, daß ich noch lang mitt werde zu thun haben, fange morgen mein neüjahr betrübt ahnfangen ohne außgehen. Vor Ewern gutten wunsch vor meine gesundtheit dancke ich Eüch sehr, wünsche Eüch hergegen alles, waß Ewer hertz begehrt. Ey, liebe Amelisse, glaubt mir! wems heürahten so gar zuwider ist, hatt nichts im kopff; wem aber der kopff einmahl eingenohmen ist, der findt nichts schweres mehr. Es ist war, daß ma tante, die fraw churfürstin, gern sicht, daß man heüraht. Mich deücht aber, daß, wen man zu einem heüraht raht, bekompt man nur undanck von beyden seytten; rahte also mein leben zu keinem heüraht. Wen es im himmel geschrieben ist, daß man soll geheüraht werden, wirdt es sich schon schicken ohne meinen raht. Ein Englander ist Eüch vielleicht beschert, weillen Ihr mehr inclination vor dieße nation habt, alß vor ein andere. Daß laster, daß Ihr so sehr scheüt, ist jetzt dermaßen gemein in der weldt, daß Ihr wenig leütte werdet finden, so nicht mitt behafft sindt, undt wen man alle die brenen solte, so von dießer secten sein, würde die weldt zu lehr werden. Eüch, die Ihr ein mensch seydt, kan vor etwaß grawen, aber die gottheit hatt keine menschliche affecten, kan also vor nichts grawen; aber er kan straffen. Es ist war, daß deß abbé de Thessut bruder ein falscher bößer mensch ist undt auch von deren gattung, aber nun gar kranck. Der abbé geht immer seinen schlenderian fort, ist zimblich gesundt nun. In gantz Paris geht es im carnaval zu wie in der redoutte, ist nie meine lust gewest. Die apartements seindt hir all vor etlich jahren abgeschafft; die ersten wahren all artig, hernach aber würde es sehr langweillig. Ich admirire unßere liebe churfürstin, allezeit so lustig undt von guttem humor zu bleiben undt in alles lust zu nehmen können. Gott erhalte I. L. noch lange jahren dabey! Adieu, [435] liebe Amellisse! Ich habe Eüch in dem zukünfftigen jahr nicht weniger lieb, alß in dießem, so wir schließen.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 31. Dezember 1705 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 434–435
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0287.html
Änderungsstand:
Tintenfass