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A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hanover.
Versaille den 11 April 1706.
Hertzliebe Amelise, gott sey danck, daß ma tante husten so
geschwindt undt baldt geendet hatt! Seyder 14 tagen haben wir daß
schönste wetter von der weldt hir, mache es mir so viel zu nutz,
alß ich kan. Mein fuß thut mir nich gar wehe; ich gehe auch
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woll eine gutte stundt mitt spatziren, abendts aber geschwilt er
noch. Ihr seydt sehr devot, den sontag nicht außzugehen; aber ich
halte eine vissitte gefahrlicher, alß eine comedie; den es ist schwer,
nicht in vissitten von seinem negsten zu reden, welches eine großere
sünde, alß ein spectacle zuzusehen. Ich wurde nicht aprobiren, daß
man den sontag in die comedie ginge, ahnstatt in kirch; aber wen
man seine schuldigkeit bey gott abgelegt, finde ich, wie schon gesagt,
daß ein spectacle weniger gefahrlich vor daß gewißen ist, alß die
conversation. Louisse meindt, daß graff Brockdorf 25 jahr alt ist;
daß wer 10 jahr alter, alß seine braudt. Ich habe nicht gewust,
daß er verliebt von dem Wilhelmel geweßen. Es ist doch ein gutt
vertrawen, so der graff zu Eüch tregt, daß er Eüch bitt, seine
fraw zu ziehen; also werdt Ihr ihr Ewer gutten raht nicht versagen
können. In dem alter hatt man raht von nöhten; daß kan ohne
zwang geschehen; den wen man daß seine gesagt hatt undt man
Eweren raht nicht folgt, seydt Ihr nicht mehr schuldig, weitter zu
rahten. Man rufft mich, umb in die kirch zu gehen; muß also
enden vndt vor dießmahl nichts mehr sagen, alß wie daß ich Eüch
allezeit von hertzen lieb behalte.