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Marly den 20 May 1706.
Hertzliebe Louise, vor meine andtwortten dörfft Ihr mich gar
nicht dancken; den ich schreibe Eüch von hertzen gern. So lang
der krieg wehrt, wirdt man nichts gutts von der post zu hoffen
haben. Es war nicht Monsieur s., so so doll teütsch gesprochen,
sondern mein sohn, den man den duc d’Orleans undt nicht
Monsieur heist; dießer nahmen gehöret allein der könige brüder undt
enfants de France zu. Der Frantzoßen Teütsch finde ich gar nicht
artig, sie reden widerlich in meinem sin; es ist ein ick undt ack,
daß ich nicht leyden kan, eben so wenig undt noch weniger, alß
wen jemandts übel frantzösch spricht. Madame Bellemont ihr reden
finde ich possirlich; die fraw von Rathsamshaussen redt auch gar
possirlich. Ich habe einmahl ein frantzösch dialogue zu St Clou
zwischen dieße beyde gehört, das war nicht schlim. Seyder 13
tagen ist die Rotzenheusserin wider hir undt allzeit lustig, da sitzt
sie undt arbeyt; den die, so kein tabouret haben, dorffen sitzen,
wen sie arbeytten. Waß dieße beyde damen gutt haben, ist, daß
man über ihr schlim reden lachen darf, so viel man will; sie
werden nicht böß drüber, sondern lachen mitt. Es ist mir lieb, daß Ihr
meint, daß mein gruß undt ahndencken dem herrn Ferdinant von
Degenfelt ahngenehm sein. Wen er wegen dicke nicht reißen kan, muß
er unbeholffener sein, alß ich. Es ist woll gewiß, daß ihr dießen
oncle nicht sehen werdt, wo er zu Venedig bleibt; den da werdt
Ihr woll nicht hin. Meines bruders gemahlin todt ist mir recht zu
hertzen gangen. Sie hatt gar einen sanfften todt gehabt, wie mir
monsieur Vos geschrieben, der mir auff befehl der churfürstin von
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Saxsen eine gantze relation davon gethan. Ich glaube
festiglich, daß, waß die arme churfürstin zu Pfaltz umbs leben gebracht
hatt, ist, daß I. L. s. sich nicht genung bewegung geben haben.
Es ist war, daß sie recht gern gestorben ist. Daß, wens ahns
sterben kompt, man sein parthie nimbt undt sich eben nicht närisch im
sterben stelt, kan ich woll begreiffen; aber fro zu sein, zu sterben,
daß begreiffe ich nicht woll, jenne weldt ist mir zu unbekandt
dazu. Ich bin von hertzen fro, daß dießer todtsfal ma tante nicht
sehr zu hertzen gangen; den nichts ist schadtlicher vor die
gesundtheit, alß betrübtnuß. Vor Ewern gutten wunsch danck ich
Eüch sehr. Er ist doch ein wenig interessirt; den wofern mir
gott behütt, waß mir nahe ahngehört, werdt Ihr auch bewahrt.
Adieu! Seydt versichert, liebe Louise, daß ich Eüch allezeit lieb
behalte!