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Brief vom 20. Mai 1706

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


313.


[462]
Marly den 20 May 1706.
Hertzliebe Louise, vor meine andtwortten dörfft Ihr mich gar nicht dancken; den ich schreibe Eüch von hertzen gern. So lang der krieg wehrt, wirdt man nichts gutts von der post zu hoffen haben. Es war nicht Monsieur s., so so doll teütsch gesprochen, sondern mein sohn, den man den duc d’Orleans undt nicht Monsieur heist; dießer nahmen gehöret allein der könige brüder undt enfants de France zu. Der Frantzoßen Teütsch finde ich gar nicht artig, sie reden widerlich in meinem sin; es ist ein ick undt ack, daß ich nicht leyden kan, eben so wenig undt noch weniger, alß wen jemandts übel frantzösch spricht. Madame Bellemont ihr reden finde ich possirlich; die fraw von Rathsamshaussen redt auch gar possirlich. Ich habe einmahl ein frantzösch dialogue zu St Clou zwischen dieße beyde gehört, das war nicht schlim. Seyder 13 tagen ist die Rotzenheusserin wider hir undt allzeit lustig, da sitzt sie undt arbeyt; den die, so kein tabouret haben, dorffen sitzen, wen sie arbeytten. Waß dieße beyde damen gutt haben, ist, daß man über ihr schlim reden lachen darf, so viel man will; sie werden nicht böß drüber, sondern lachen mitt. Es ist mir lieb, daß Ihr meint, daß mein gruß undt ahndencken dem herrn Ferdinant von Degenfelt ahngenehm sein. Wen er wegen dicke nicht reißen kan, muß er unbeholffener sein, alß ich. Es ist woll gewiß, daß ihr dießen oncle nicht sehen werdt, wo er zu Venedig bleibt; den da werdt Ihr woll nicht hin. Meines bruders gemahlin todt ist mir recht zu hertzen gangen. Sie hatt gar einen sanfften todt gehabt, wie mir monsieur Vos geschrieben, der mir auff befehl der churfürstin von [463] Saxsen eine gantze relation davon gethan. Ich glaube festiglich, daß, waß die arme churfürstin zu Pfaltz umbs leben gebracht hatt, ist, daß I. L. s. sich nicht genung bewegung geben haben. Es ist war, daß sie recht gern gestorben ist. Daß, wens ahns sterben kompt, man sein parthie nimbt undt sich eben nicht närisch im sterben stelt, kan ich woll begreiffen; aber fro zu sein, zu sterben, daß begreiffe ich nicht woll, jenne weldt ist mir zu unbekandt dazu. Ich bin von hertzen fro, daß dießer todtsfal ma tante nicht sehr zu hertzen gangen; den nichts ist schadtlicher vor die gesundtheit, alß betrübtnuß. Vor Ewern gutten wunsch danck ich Eüch sehr. Er ist doch ein wenig interessirt; den wofern mir gott behütt, waß mir nahe ahngehört, werdt Ihr auch bewahrt. Adieu! Seydt versichert, liebe Louise, daß ich Eüch allezeit lieb behalte!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 20. Mai 1706 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 462–463
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0313.html
Änderungsstand:
Tintenfass